Unser Buchtipp Weihnachtsgeschichten

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Eingereicht am
15. April 2007

Das schönste Weihnachtsgeschenk - Die Geschichte eines Wunders

© Simone Falk

Prolog: Ich bin Du

Manchmal passiere ich. Manchmal bin ich unheimlich, manchmal einfach nur unglaublich, dann wieder umwerfend schön. Ich trete in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf. Niemand weiß, wann und wo ich passieren werde. Meistens jedoch widerfahre ich den Kindern, denn ihre Fantasie und ihre Glaubensbereitschaft sind grenzenlos. Die Welt der Erwachsenen ist längst zu einem wunderlosen Dasein geworden. Aber auch in diese Welt kann ich mich ab und zu noch schleichen. Ob ich wahrgenommen und vor allem geglaubt werde, liegt dann aber doch einzig und allein an der Bereitschaft, das Schöne und Unglaubliche als ein Mittel zu sehen, um Träume zu versüßen und das Leben ein bisschen angenehmer und unbeschwerlicher zu machen.

Ich bin ein Wunder. Ich bin namenlos. Kinder geben mir manchmal einen Namen. Dadurch lebe ich. Ich bin Du.

1. Ein Anfang

Angestrengt blickte sie auf den Kalender an der Wand, während ihr Finger hektisch über die kleinen Kästchen strich. "Am übernächsten Sonntag ist Weihnachten, Janine! Wir haben noch keine Geschenke für unsere Eltern!", sagte die elfjährige Moni schließlich erschrocken zu ihrer gleichaltrigen Freundin.

"Was können wir ihnen denn schenken? Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht. Aber ich bin doch pleite! Meine Eltern kann ich ja schlecht anpumpen, wenn es darum geht, Geschenke für sie zu kaufen. Denen würde zwar ein Buch am besten gefallen, aber..." Janine saß auf dem Sofa im Zimmer ihrer Freundin und drehte ihre blonden Haarspitzen mit den Fingern, während sie sprach.

"Mach mal 'ne Pause!", wurde sie von Moni unterbrochen. "Und rede langsamer! Was hast du gesagt? Ein Buch?"

"Ich habe aber kein Geld um eins zu kaufen!" Janine schlug traurig die Augen nieder.

"Dann schreib einfach eins." Moni klang entschlossen.

"Was? Spinnst du?!"

"Was für Bücher mögen deine Eltern denn?" Moni tat so, als bemerke sie die Empörung ihrer Freundin nicht.

"Ein...ein..." Janine überlegte. "Ein spannendes Buch halt!", entschloss sie sich endlich. Moni tat überrascht, holte aber gleich darauf einen Block und einen Stift hervor. "Schreib."

"Was??? Nein. Nicht ich!"

"Doch, du!"

Und zu Janines Überraschung fand sie sich nur wenige Minuten später eine spontan ausgedachte Geschichte schreibend wieder. Sie schrieb und schrieb an diesem Tag nicht weniger als drei Seiten, und Moni sah ihr zu, verbesserte Rechtschreibfehler oder schrieb selbst etwas für ihre Eltern.

Nach vier Tagen harter Arbeit war die Geschichte fertig. Janine hatte es tatsächlich geschafft, vierzig DinA4 Seiten mit ihren eigenen Worten zu beschriften. Und sie musste zugeben: Diese aneinander gereihten Worte ergaben Sinn, sie waren abwechslungsreich und als Ganzes gesehen konnte man wirklich von einem kleinen Buch sprechen. Jetzt musste Janine ihr Werk nur noch auf dem Computer abtippen. Doch das war nicht gerade eine leichte Aufgabe, da sie sich kaum mit den komplizierten PC-Programmen ihres Vaters auskannte. Bisher hatte sie sich immer erfolgreich gegen die Benutzung dieses technischen Kastens gewehrt. Aber sie wusste, dass bald in der Schule der Umgang mit dem PC gefragt und gefördert wurde. Also warum sollte sie nicht jetzt schon mal einen ersten Versuch wagen? Doch Janine wusste nicht einmal, wie man das Schreibprogramm aufrief.

"Papa, ich will einen Brief an Moni schreiben", log sie, denn ihr Vater durfte ja nichts von der Geschichte wissen. Bereitwillig erklärte er ihr alles, - nicht nur einmal, sondern gleich dreimal, um sicher zu gehen, dass seine Tochter auch jeden einzelnen Schritt verstanden hatte.

"Danke, Papa", sagte Janine und wartete darauf, dass ihr Vater den Raum verließ. Doch er erwiderte nur: "Gern geschehen, Mädel", und blickte interessiert auf den Bildschirm. Als er endlich bemerkte, dass seine Tochter ihn eindringlich ansah, hob er entschuldigend die Hände und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Zuerst machte Janine sich daran, ein Deckblatt zu gestalten. Sie suchte sich die gewünschte Schriftart und Größe heraus, wie ihr Vater es gerade erklärt hatte. Dann tippte sie den Titel ihrer Geschichte ein: Das Weihnachtsabenteuer. Nun breitete sie ihre handgeschriebenen Blätter vor sich aus und begann damit, die erste Seite abzutippen.

Es war Montagmorgen und ein kühler, grauer Dezembertag stand vor der Tür. Die zwölfjährige Natascha war gerade aufgestanden und schaltete das Licht an. Sie wollte noch ein wenig am Computer spielen, bevor sie sich für ihren vorletzten Schultag vorbereiten musste. Während sie sich ihren Morgenmantel überzog, schaltete sie den Computer an und warf dabei einen Blick nach draußen. Es hatte geschneit! Natascha war überglücklich, denn nun würde sie aller Wahrscheinlichkeit nach endlich mal wieder eine weiße Weihnacht erleben.

Sie drehte sich um und schenkte ihre Aufmerksamkeit nun wieder dem Computer. Kaum hatte sie ihr Lieblingsspiel gestartet, ertönte ein krächzendes Geräusch und der Bildschirm färbte sich schwarz! Natascha erschrak. Sie wusste nicht, was geschehen war. Hatte es vielleicht einen Kurzschluss gegeben? Nach wenigen Augenblicken hatte sie sich jedoch wieder von ihrem ersten Schock erholt und wollte gerade aufstehen, um ihren Vater um Rat zu bitten, als das schwarze Bild plötzlich die Konturen einer kleinen Gestalt annahm. Wie gelähmt starrte Natascha auf den Bildschirm und wurde Zeuge eines sehr seltsamen Ereignisses: Diese kleine ungewöhnlich lebendig aussehende Gestalt bewegte sich im Bildschirm und schien das Mädchen regelrecht anzugrinsen.

"Das kann doch nicht wahr sein!", rief die verängstigte Natascha.

"Doch, kann es", sagte eine raue Stimme.

"Wer oder was bist du?", rief sie weiter, während sie dem kleinen Wesen in seine großen, bunten Augen starrte.

"Ich!", kam es als Antwort.

"Ach nee, ich dachte du!", antwortete Natascha frech, als sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte. "Wer bist du?", fragte sie schließlich.

"Ich."

"Und wer bin ich, wenn du ich bist?" Diese raffinierte Frage kam wie aus der Pistole geschossen.

"Du!"

"Oh!" Natascha war sprachlos. Das seltsame Wesen hatte geschickt gekontert. Dann fragte sie: "Bist du ein Virus?"

"Vielleicht. Vielleicht auch nicht."

Nataschas Angst machte sie nicht nur ratlos, sondern auch wütend. Sie holte tief Luft. "Verschwinde aus meinem Zimmer. Ich muss bald zur Schule! Such dir jemand anders, den du nerven kannst."

"Du vergisst ja deine Angst! Ich könnte doch gefährlich sein", sprach die kleine Gestalt frech, die gerade dabei war, aus dem Bildschirm herauszuklettern. Das stimmte: Natascha hatte ihre Angst vollkommen vergessen. Dafür saß das Mädchen jetzt umso versteinerter da, als sie beobachtete, wie das kleine Wesen ihr immer näher kam. Ein Bein von ihm hing noch über den unteren Rand des Rahmens in der Schwärze des Bildschirms. Natascha überlegte blitzschnell. Sie beugte sich nach unten und schaltete den Computer aus. Sie hoffte, dadurch die seltsame Gestalt daran hindern zu können, sich ihr zu nähern. Aber nein: Der Computer war durch den vermeintlichen Kurzschluss doch schon ausgeschaltet worden! Natascha wurde schwindelig.

"Na, wolltest mich wohl um 'n Bein kürzer machen, mh? Aber jetzt komm!" Das kleine Etwas mit den orangenen, abstehenden Haaren streckte ihr ungeduldig die Hand entgegen.

Natascha wehrte ab. "Ich? Nein! Nicht ich!"

"Doch, du. Wer sonst?!"

"Warte mal!" Sie hatte ihre Angst erneut vergessen. "Ich kapiere."

Die Gestalt verdrehte die Augen. "Schön für dich. Jetzt komm mit. Ich muss dir was erklären."

Doch sie ließ sich nicht ablenken: "Ich weiß jetzt, was du meinst: Ich bin für mich ich. Und ich bin für dich du. Und du bist für mich du. Und du bist für dich ich!"

"Bravo. Toll. Spitzenleistung. - Jetzt komm!" Mit gespielter Begeisterung in der Stimme zerrte die Gestalt an dem Nachthemd des Mädchens. Natascha war fast doppelt so groß wie dieser kleine, trollähnliche Kerl.

"Wie heißt du?", fragte sie endlich.

"Ich habe keinen richtigen Namen. Denk dir einfach einen aus."

Sie legte den Kopf ein wenig schief und sagte prüfend, aber bestimmt: "Du heißt Du." Du drehte sich zu ihr um und warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. Mehr wurde in diesem Raum, dieser Stadt, diesem Land nicht mehr gesprochen.

"Wo sind wir?", fragte Natascha, während sie sich von oben bis unten bestaunte. "Und was habe ich hier an?" Sie war in einen bunten Wollpullover, eine rote Skihose und in warme, braune Fellstiefel gekleidet.

"Nordpol. Warme Klamotten!", antwortete Du mürrisch.

"Du bist doof!" Sie fand es ungerecht, dass diese kleine Gestalt in einem so genervten Ton mit ihr sprach. Und das arme Mädchen war ein wenig verwirrt, denn ihr wurde gerade bewusst, dass sie soeben entführt worden war. Noch dazu befand sie sich am Nordpol! Wie war sie hierher gekommen?

Eine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "Deine Ausdrucksweise ist ja miserabel, muss ich sagen. Hättest du mir 'nen anderen Namen gegeben, hieße das beispielsweise 'Troll, bist doof!´"

"Entschuldige, Du", sagte Natascha - jetzt aber schon etwas vorsichtiger und auch etwas gereizter.

"'Entschuldige, du´ - Wer redet schon so zu einem Freund!" Du blickte sie verächtlich an.

"Du, mein Freund?" Natascha war über seine voreilige Schlussfolgerung empört.

"Wieder falsch! Würde heißen: 'Troll - mein Freund?´ Du redest mit mir, über mich und redest so als wär´ ich fremd!". Sein rundes, runzeliges Gesicht lief rötlich-braun an.

"Bist du doch auch!" Natascha bereute bereits jetzt, dass sie ihm den verwirrenden Namen Du gegeben hatte.

Du überlegte einen Moment. "Dir bin ich vielleicht fremd. Aber eigentlich bin ich sogar sehr bekannt auf der Erde. Es ist traurig, dass du noch nichts von mir und meiner Welt gehört hast." Du war beleidigt. Natascha auch. Wie konnte er nur so angeben? "Hoffentlich ist er nicht immer so", dachte das Mädchen, das sich jetzt ein paar Schritte von ihm entfernte. Dann setzte sie sich auf einen großen, schneebedeckten Stein. Sie registrierte die unendlichen Schnee- und Eismengen um sich herum und plötzlich überkam sie eine schreckliche Angst. Sie begann zu weinen. Du, der vermutlich wirklich ein Troll war, hörte ihr Schluchzen. Einen Moment lang schien er zu überlegen; dann drehte er sich um und ging auf Natascha zu.

"Halt dich fest!", sagte er liebevoll.

"Wo?" Das Mädchen blickte ihn mit großen, tränenerfüllten Augen an.

"Hier, an meiner Schulter. Ich trag dich." Der kleine Troll machte einen leichten Buckel und sein Kopf reichte ihr durch diese Geste nur noch bis zur Hüfte. Daraufhin musste Natascha so anfangen zu lachen, dass sie ihre Traurigkeit und ihre Angst vergaß und sogar der Troll mitlachte.

Erst später fragte Natascha Du, wo sie sich denn befänden und wie sie dorthin gekommen waren.

"Zazuku, Zaubern!", waren die einzigen Worte, die Du erwiderte. Natascha überhörte das erste Wort total, denn das 'Zaubern´ erfasste ihre Aufmerksamkeit.

"Zaubern?", fragte sie.

Der Troll erklärte ihr, dass er sie zu jedem Platz auf der Welt bringen konnte, ohne dass sie etwas von der Reise merkte. In einer Sekunde könnte sie in Nepal sein, in der nächsten in Gambia und kurz darauf wieder zuhause in ihrem Zimmer.

Natascha war begeistert. "Weshalb hast du ausgerechnet mich hierher gebracht?"

"Es ist meine Aufgabe, Kinder mit den Wundern der Welt vertraut zu machen. Wünsch dich an 'nen Ort und wir sind da!", erklärte Du.

Natascha hatte sofort eine Idee: "Ich wünsche mich zum Niagarafall!"

"Halt, halt, halt!" Du unterbrach sie. "Niagarafälle, bitte. Und du wünschst uns!"

Sie sprach den Wunsch erneut in überarbeiteter Form aus. Kurz darauf waren die beiden verschwunden.

"Da sind wir!", sagte Du. Natascha war überwältigt. Sie sah sich um. Der Troll und sie befanden sich einige hundert Meter abseits von ein paar Touristengruppen und hatten von einem kleinen Felsvorsprung aus einen fantastischen Ausblick.

"Das ist toll!", rief sie begeistert zu Du herüber, der sie wegen des Rauschens kaum verstand. "Kann ich mir auch wünschen, da runter zu springen ohne zu sterben?" Natascha deutete auf die gigantischen Wassermassen.

"Mutig, mutig! Probier es aus", sagte der mittlerweile sehr gut gelaunte Du. Damit hatte Natascha nicht gerechnet. Sie zögerte. "Ach, so wichtig ist es nun auch wieder nicht. Mir fällt da gerade etwas ein: Was meintest du vorhin mit Zazikiu oder so?"

"Ich habe Zazuku, die Stadt der Weihnacht, gemeint. Dort waren wir heute übrigens schon: Sie befindet sich direkt an der Stelle am Nordpol, wo wir am Anfang unserer Reise gelandet sind."

"Das war eine Stadt?", fragte sie ungläubig. "Da lag doch nur Eis und Schnee!"

"Das stimmt schon. Aber wahre Schönheit kommt von innen. In einer nahe gelegenen Höhle gibt es eine Falltür. Dort drunter liegt Zazuku", erzählte Du.

Natascha wollte mehr über diese verborgene Stadt mit dem seltsamen Namen erfahren.

"Zazuku ist der Anfang von allen Träumen und Wünschen. Dort passieren viele Wunder", begann der Troll zu erzählen. Natascha blickte unentwegt auf seine Lippen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie bläulich-grün waren. "Wenn du interessiert daran bist, einmal an einem Wunder mitzuwirken, dann müssen wir in die Stadt der Weihnacht zurück." Natascha konnte sich nicht genau vorstellen, wovon Du sprach. Aber ihre Neugier ließ sie zustimmen.

Du nickte zufrieden. "Ich wünsche uns zum Nordpol in die Zauberhöhle!"

Janine erschrak. Es war schon fast 21 Uhr. Aber dann beruhigte sie sich wieder. Es waren ja Ferien. Eine halbe Stunde wollte sie höchstens noch schreiben. "Zuerst erst esse ich noch eine Kleinigkeit", dachte Janine. Sie speicherte schnell ihre fünf Seiten und ging in die Küche. Auf dem Weg dorthin weckte sie noch ihre Mutter auf, die offensichtlich auf dem Sofa beim Fernsehen eingeschlafen war. Großzügig bereitete Janine ein schnelles Abendessen für sich und ihre Mutter. Das Gespräch am Esstisch beschränkte sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest und die noch zu erledigenden Einkäufe. Aber Janine war in ihren Gedanken bei ihrer Geschichte, und schon nach etwa fünfzehn Minuten konnte sie es kaum noch abwarten, bis sie endlich wieder vor dem Computer saß. Schnell räumte sie das Geschirr weg, wünschte ihrer Mutter eine gute Nacht und verschwand wieder im Arbeitszimmer. Sie sortierte ihre handgeschriebenen Blätter und heftete sie in einen Ordner. Dann begann sie wieder mit dem Schreiben.

Natascha schaute sich um. "Was ist denn jetzt los? Alles verkehrt herum?!"

"Du stehst ja auch auf dem Kopf!", sagte Du lächelnd. Erst jetzt bemerkte Natascha, dass ihr langsam das Blut zu Kopf stieg. Sie erinnerte sich an eine unsanfte Landung. Nun rollte sie sich vorsichtig ab und sah den großen Hügel aus Schnee, an dem sie kopfüber gelehnt hatte.

"Da drunter ist die Falltür. Wir müssen graben!", sagte Du. Und im Nullkommanichts hatten sie die Falltür freigeschaufelt.

"OOOH!" Natascha war überwältigt. Aus den Ritzen der Holztür drang ein grelles, aber warmes weiß-gelbes Licht. Das erstaunte Mädchen verspürte den unwiderstehlichen Drang, diese Wundertür sofort zu öffnen. Mit vereinten Kräften hoben sie das schwere Holz an und kletterten hinunter.

Ein heller Lichtschein hüllte sie in einen glänzenden Schleier. "Das Licht der Weihnacht", wie Du später erklärte. Natascha bewunderte die Landschaft Zazukus, als plötzlich eine Stimme aus nicht allzu weiter Ferne ertönte: "Ho, ho, ho."

"Was war das?", rief Natascha.

"Na, war das nicht sonnenklar?" Du blickte allwissend zu ihr hoch. Als sie ihn erstaunt ansah, fügte er hinzu: "Immerhin sind wir hier in der Stadt der Weihnacht. Da darf natürlich der Weihnachtsmann nicht fehlen!"

Dann hörten sie wieder die Stimme, die laut "ho, ho, ho!" rief. Und Sekunden später trat der runde, kleine, rot bekleidete Mann hinter einem Felsen hervor.

"Herzlich Willkommen ihr beiden!", sagte er nun feierlich. Doch die unglaubliche Umgebung lenkte Nataschas Aufmerksamkeit schnell von dem pausbäckigen Mann ab, dessen beinahe identische Abbilder sie ja schon zur Genüge von Weihnachtsmärkten und aus Kaufhäusern kannte. Ihr Blick verfolgte ein kleines, pelziges Tier, das einem Hasen glich, das aber ständig seine Farbe von einem zarten Rosa zu einem milden Grün wechselte. Und gerade in dem Moment, als sie sich wieder Du und dem Weihnachtsmann zuwandte, um ihnen von ihrer seltsamen Beobachtung zu erzählen, sah sie aus den Augenwinkeln heraus, dass der alte Mann dem Troll zuzwinkerte. Natascha wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Hatten die beiden etwas vor ihr zu verbergen? Sie beschloss, Du später darauf anzusprechen.

Sie begleiteten den Weihnachtsmann in die Stadt der Weihnacht. Und hier wartete schon die nächste Überraschung auf die ohnehin schon erstaunte Natascha: Duzende von Geschöpfen, die sie für Engel und Zwerge hielt, liefen auf den schmalen Straßen umher und sangen dabei fröhlich.

Dann entfernte sich der Weihnachtsmann plötzlich mit den Worten "Hab´ viel zu tun". Und sogleich übernahm ein Engel, der sich als Engel Elias vorstellte, die Führung. Als sie sich in dieser schönen Stadt mit ihren farbenfrohen und seltsam geformten Häusern umschauten, erwähnte einer der Zwerge das Wort 'Zeit´. Sofort erinnerte Natascha sich an zuhause. "Du, Du, wie spät ist es? Ich muss unbedingt nachhause."

"Keine Angst", beruhigte er sie. "Die Zeit in deiner Welt bleibt stehen. Wenn du zurückkommst, ist es noch genauso spät wie jetzt."

"Huch." Janine war durch ihre eigenen Worte hochgeschreckt worden. "Apropos Zeit. Es ist schon spät. Ich muss schlafen." Sie speicherte schnell die Seiten, schaltete den Computer aus und zog ihren Schlafanzug an. Dann schmiss sie sich aufs Bett, zog die Decke bis ans Kinn und war nach fünf Minuten eingeschlafen.

2. Von Zeit und Glück

Am nächsten Morgen wurde Janine um zehn Uhr von ihrer Mutter geweckt. Es war Donnerstag und ihr fiel ein, dass schon in drei Tagen Weihnachten war.

"Warum hast du mich nicht früher geweckt?", rief Janine gähnend und vorwurfsvoll. In dem Moment klingelte das Telefon. Janine sprang mit einem Satz aus dem Bett und rannte ins Wohnzimmer. Sie nahm den Hörer ab.

"Hi Janine, hier ist Moni! Ich wollte fragen, ob du mit mir und meinen Eltern zum Rodelberg kommen willst. Es soll jetzt schon ganz viel Schnee dort liegen."

Janine wollte schon zusagen, als ihr einfiel, dass sie noch die Geschichte zu Ende abtippen musste. "Ich würde gern mitkommen, Moni, aber ich muss noch..." Sie zögerte. Ihre Mutter war ganz in der Nähe. Sie wollte nicht, dass sie etwas von dem Buch mitbekam.

Aber Moni wusste sofort, was ihre Freundin meinte. "Immer noch? Wie lange brauchst du denn zum Abtippen?"

"Ich glaube, wenn ich die ganze Zeit durcharbeite, bin ich gerade mal am Weihnachtsmorgen fertig! Du weißt, ich tippe unglaublich langsam." Janine verabschiedete sich, ging in die Küche und frühstückte mit ihren Eltern zusammen. Später am Morgen schmückte sie ihr Zimmer mit der restlichen Weihnachts-dekoration. Dann setzte sie sich an den Schreibtisch und zählte ihre Blätter. Sie hatte erst neun handgeschriebene Seiten in sieben computergetippte umgewandelt.

Als ihre Eltern für zwei Stunden wegfuhren, setzte Janine sich an den Computer und begann erneut zu schreiben.

"Und die Zeit bleibt wirklich stehen?", hakte Natascha noch einmal nach.

"Ja. Jetzt hör' aber auf zu nerven. Sieh dich lieber um. Es ist ein einmaliges Erlebnis."

Natascha konnte ihre Situation und die Eindrücke um sie herum noch immer nicht richtig fassen. Die kleine Stadt, in deren Mitte sie jetzt standen, erstrahlte in allen erdenklichen Farben. Die kleinen Häuser waren abwechselnd rund, achteckig und nach verschiedenen Tier- und Fabelfiguren gebaut. Die schmalen Straßen bestanden aus roten Pflastersteinen, - jeder einzelne hatte einen kleinen, grünen Tannenbaum aufgedruckt. Schließlich fragte Natascha erstaunt: "Wie kann das sein? Wir sind zwar unter freiem Himmel. Aber ich sehe doch, dass es schneit, mich jedoch keine Flocke berührt. Außerdem ist es gar nicht kalt!"

"Über uns befindet sich eine so genannte 'Glückskuppel´. Sie schützt vor Schnee und Kälte und kann sich nur halten, weil hier alle so glücklich sind. Apropos glücklich. Mir fehlt noch etwas zu meinem vollkommenen Glück: Ich habe Hunger!"

Natascha bemerkte zwischen all der Aufregung nun auch, dass sie hungrig war. Du führte sie zu einem der schönsten Häuser dieser Stadt. Es war schneeweiß. Um hineinzugelangen mussten sie eine rosa-rote Außentreppe hochgehen, die einer Zunge glich und an einer Plattform endete, die wahrscheinlich einen Mund darstellte. Dann gingen sie weiter und fuhren mit dem Aufzug zu einer orangenen Röhre, die aussah wie eine Karotten-Nase. Durch diese gingen sie hindurch - und dann waren sie im Inneren des Schneemannhauses, als welches Du es Natascha vorgestellt hatte.

Sie suchten sich im Speisesaal ein gemütliches Plätzchen an einem der zwei gigantischen, runden Fenster. Kurz darauf kam ein Troll auf sie zu und fragte nach ihren Wünschen.

"Könntest du uns denn etwas Leckeres empfehlen?", fragte Du höflich.

Der Troll antwortete ebenso freundlich: "Wenn du etwas Weihnachtliches haben möchtest, dann kann ich nur unsere 'Papilla del milagro´ empfehlen." Er betonte das Wort 'du´ besonders deutlich, - Natascha musste sich auf die Lippen beißen, sonst hätte sie laut losgelacht. Als wüsste der Troll, dass Du nun so hieß!

Du und Natascha stimmten dem Vorschlag des Trolls zu und kurz darauf bekamen sie beide eine Schälchen gefüllt mit einer durchsichtigen Masse mit Bläschen und kleinen Schokoladenstückchen an den Tisch gebracht. Es sah nicht gerade sehr appetitanregend aus, war aber wirklich das Beste, das sie je gegessen hatten.

Janine hatte Hunger bekommen. Als sie ihre neue Seite gespeichert hatte, ging sie in die Küche, um sich einen Joghurt zu holen. Während sie diesen auslöffelte, las sie in ihrem Lieblingsbuch weiter. Es hieß 'Fantasia´ und war eine sehr interessante und witzige Geschichte über eine andere Welt, in der Werwölfe lebten, deren einziger Feind die Erkältungssymptome des Menschen sind.

Zwanzig Minuten bevor sie ihre Eltern zurückerwartete, setzte Janine sich wieder an den Computer. Sie spielte noch eine Runde Solitär, anstatt zu schreiben. Als sie nach draußen sah, bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Erst freute sie sich. Doch dann erkannte sie, dass der Schnee mit Regen vermischt war. Draußen waren es bereits einige Grade unter Null. Schon nach ein paar Minuten sah Janine eine dünne, glänzende Schicht auf der Straße. Es fuhren nur noch wenige Autos.

Sie sah gerade die erste Streumaschine die Straße entlangfahren, als das Telefon klingelte. Es war ihre Oma, die im nächsten Ort wohnte.

"Hallo Janine! Mama und Papa kommen erst heute abend wieder, wegen des schlechten Wetters. Sie bleiben erst einmal bei Opi und mir. Du sollst dir die Spaghetti warm machen."

"Ok", sagte Janine zufrieden und legte auf. Nun konnte sie die ganze Zeit ungestört schreiben. Und damit fing sie auch gleich an.

Als Natascha und Du satt waren, gingen sie zu einem der bunt angezogenen Zwerge, um zu bezahlen.

"Aber nein! Wir nehmen doch in deiner jetzigen Situation kein Geld von dir, Du. Du bist eingeladen." Natascha war erstaunt. Woher wusste der Zwerg Dus Namen? Und in welcher scheinbar so sonderbaren Situation befand er sich? Du hätte eigentlich auch verwundert sein müssen, aber er war es offenbar nicht. Ihr war zwar klar, dass Du hier lebte, aber wie konnten die anderen seinen jetzigen Namen wissen, obwohl er diesen doch erst vor wenigen Stunden von ihr bekommen hatte?

Kaum hatten sie den ersten Schritt auf die Straße gesetzt, fragte Natascha: "Du, warum kennt der Zwerg deinen neuen Namen?"

Du war es sichtlich unangenehm und er versuchte, vom Thema abzulenken. Doch Natascha blieb bei der Sache. Sie blickte Du zuerst fordernd, dann bittend an. Irgendwann gab er schließlich doch nach. "Komm mit in den Park, da können wir reden", sagte er bereitwillig.

Als sie an einem schönen, großen, mit Bäumen umrahmten Grünfleck am Rande der Stadt angekommen waren, machten sie es sich auf einer gepolsterten, blauen Bank bequem.

"Ich kann gar nicht zaubern!", gab Du zu und eröffnete damit das Gespräch. "Alle Bewohner Zazukus besitzen einen Stern..." Du zog einen leuchtenden kleinen Gegenstand aus seiner Tasche und hielt ihn demonstrierend hoch. "Mit diesem Stern können wir zaubern und durch die Welt reisen."

"Was hat das mit deinem Namen zu tun?", hakte Natascha weiter nach, obwohl der strahlende Glanz des Sternes ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

"Ich wollte nicht, dass du es sofort erfährst. Du bist nämlich das neunhundertneunundneunzigste Kind, das wir Trolle in unsere Stadt gebracht haben. Das bedeutet, dass der Troll, der von dir einen Namen bekommt, diesen behalten muss, bis weitere neunhundertneunundneunzig Kinder hergebracht wurden. Und dass ich jetzt Du heiße, wissen hier natürlich alle schon." Du ließ den Kopf hängen. Natascha verstand nicht, was daran denn so schlimm sein konnte, deshalb sagte sie: "Der Name ist doch außergewöhnlich. Es hätte dich schlimmer treffen können. Stell dir vor, ich hätte dich Lambert oder Hinz genannt...!"

"Am Namen liegt es ja nicht, der ist sogar echt toll." Er machte eine Pause und gestand ihr dann ganz plötzlich: "Aber ich bin verpflichtet, dir meinen Glücksstern zu geben!"

Natascha hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht. Nun war sie im Besitz eines Zaubersterns! Aber ihre Freude verflog, als sie Dus trauriges Gesicht sah.

"Wie lange dauert es denn, bis ihr erneut so viele Kinder nach Zazuku gebracht habt?", fragte sie vorsichtig.

"Wahrscheinlich so ungefähr drei oder vier Monate, weil wir zur Weihnachtszeit viele andere Dinge zu erledigen haben und uns nicht nur darauf konzentrieren können, euch Kindern unsere Welt zu zeigen." Du machte eine Pause und seufzte. "Erst wenn dreihundertdreiunddreißig Kinder in Zazuku gewesen sind, bekomme ich wieder einen Stern, den ich aber nicht benutzen darf. Beim sechshundertsechsundsechzigsten Kind darf ich ihn dann in Notfällen einsetzen. Und beim neunhundertneunundneunzigsten Kind kann ich ihn erst als mein Eigentum betrachten."

"Wozu braucht ihr uns Kinder?", wollte Natascha wissen.

"Wir wollen eure Fantasie und eure Träume retten. Der Glaube an Wunder ist längst verloren gegangen und selbst der Weihnachtsmann existiert in den Vorstellungen vieler Kinder nicht mehr. Das wollen wir ändern."

Natascha musste ein wenig lächeln, denn erneut wurde ihr für einen kurzen Moment bewusst, dass sie sich in einem realen Märchen befand. Doch Du ernüchterte ihre Freude schnell wieder. Schweren Herzens überreichte er ihr seinen Stern. Als Natascha den leuchtenden Gegenstand mit ihren Fingern berührte, blickte sie Du in seine großen, bunten Augen - während seine langen Wimpern den Schnee auffingen.

"Es schneit", stellte Natascha erschrocken fest.

"Die Glückskuppel ist gerissen. Das Glück in dieser Stadt ist nicht mehr vollkommen", erklärte Du. Natascha hatte nicht geahnt, dass der Troll derart unglücklich über den Verlust seines Sternes sein würde. Sofort bereute sie ihre anfängliche Euphorie. "Kann ich dir den Stern nicht zurückgeben?" Sie war verzweifelt.

"Nein, das geht nicht", erwiderte Du traurig. "Wir müssen diese Regel befolgen. Sie dient dazu, uns auf die Probe zu stellen. Außerdem haben andere vor mir es ja auch schon geschafft."

"Ist denn bisher noch nie jemand so unglücklich gewesen, dass die Glückskuppel kaputtging?", fragte das Mädchen ratlos.

"Nein. Früher bestand die Kuppel aus Ruhe und Gelassenheit, nicht aus Glück. Und davon gab es hier schon immer mehr als genug."

Natascha fasste einen Entschluss. "Ich werde euch helfen, Kinder nach Zazuku zu bringen. Dann hast du bald einen neuen Stern und bist wieder glücklich - und ihr müsst nicht erfrieren." Sie bemerkte, wie die Kälte nach und nach die Umgebung vereiste. Auf den Bäumen lag bereits eine dünne, gleichmäßige Schneeschicht.

Du sah sie zweifelnd an. "Komm jetzt mit. Wir gehen erst einmal zum Weihnachtsmann und fragen ihn, ob wir irgendetwas tun können, um den Riss in der Glückskuppel zu reparieren." Er nahm das Mädchen an seine kleine Hand und zusammen machten sie sich auf den Weg.

3. Hilfe für die Stadt der Weihnacht

Janine schaute auf die Uhr. Es war schon später Nachmittag und sie machte sich Sorgen um ihre Eltern. Wie sollten sie sich in den nächsten Stunden auf die Straße wagen? Draußen schneite es immer noch ununterbrochen und die Windstärke stieg bedrohlich an.

Plötzlich musste sie wieder an Moni denken. Sie und ihre Familie hatten auf dem Weg zum Rodelberg bestimmt eine Unterkunft suchen müssen, um sich vor dem Sturm zu schützen. Janine stellte das Radio an. Gerade wurden die Nachrichten übertragen. Sie hörte aufmerksam zu, denn es könnte ja etwas über Unfälle berichtet werden. Tatsächlich: "Heute haben sich zahlreiche Verkehrsunfälle ereignet. Der Grund ist ein Sturmtief und vor allem der gefrierende Schneeregen. Es wird wahrscheinlich noch tagelang so weiter schneien. Also freuen Sie sich auf weiße Weihnacht, aber seien Sie vorsichtig und gehen Sie so wenig wie möglich vor die Tür", hieß es in den Nachrichten.

Bei den Worten 'nicht vor die Tür gehen´ fiel Natascha etwas ein. "Ich habe noch nicht alle Weihnachtsgeschenke! Für Omi und Opi brauch' ich noch etwas, aber was?" Da kam ihr Moni in den Sinn. Diese hatte ihren Eltern eine kurze Geschichte geschrieben und ihnen zusätzlich ein Bild gemalt. Für das Bild hatte sie sich ein schönes Motiv aus einem Buch herausgesucht und es dann eigenhändig auf ein spezielles Papier abgemalt. Danach hatte Moni es in einen Holzrahmen gesteckt und mit einer Glasscheibe versehen. Das Bild sah richtig künstlerisch aus und kam in dem Rahmen sehr gut zur Geltung. Janine wollte ihren Großeltern nun auch etwas malen. Aber ihre Geschichte war ja noch nicht fertig... Sie hätte Hilfe gebrauchen können.

"Könnte ich nicht morgen noch den Rahmen und das Papier kaufen?", überlegte sie laut. Doch dann verwarf sie den Gedanken sogleich wieder, weil ihr einfiel, dass sie gar kein Geld mehr hatte. Plötzlich kam ihr eine Idee. "Steffen!" Steffen war ihr ehemaliger Babysitter. Er war zwanzig Jahre alt und machte eine Ausbildung zum Tischler. Er wohnte ein paar Straßen weiter und würde bestimmt einen Bilderrahmen für sie haben, oder ihn notfalls sogar in seiner Hobby-Werkstatt tischlern. Janine rannte zum Telefon und wählte seine Nummer.

"Hier Steffen Paroll, ja, bitte?", meldete er sich.

"Hi, hier ist Janine! Ich wollte dich fragen...", und sie schilderte ihm ihr Problem. Steffen erklärte sich bereit, einen Bilderrahmen zu tischlern. Obwohl er es ablehnte, wollte Janine ihn bezahlen. Immerhin sollte der Rahmen für ihre Großeltern sein, also konnte sie ihn sich doch nicht selbst schenken lassen!

Nun hatte sie dieses Problem gelöst und konnte sich wieder ihrer Geschichte widmen. Natascha und Du waren gerade zum Weihnachtsmann gegangen... Janine begann mit dem Weiterschreiben.

Als sie bei dem purpurroten Haus des Weihnachtsmannes angekommen waren, stürzte Natascha gleich auf ihn zu und erzählte alles.

"Du kannst wirklich helfen, aber nur wenig", sagte dieser nach einer Weile, während er Holzscheite in seinen Kamin legte und ein wärmendes Feuer entzündete. "Wie willst du dreihundertdreiunddreißig Kinder oder mehr in unsere Stadt bringen? Es ist anstrengend, durch die Welt zu reisen und einen geeigneten Augenblick zu finden, um ein Kind unbemerkt - wenn auch nur für kurze Zeit - aus seiner Welt zu lösen."

Natascha war enttäuscht. Weder Du noch der Weihnachtsmann trauten es ihr zu, dass sie es schaffte, viele Kinder nach Zazuku zu bringen. Sie war traurig und wütend.

"Ich will nachhause!", sagte sie dann entschlossen. In ihr formte sich bereits eine Idee, wie sie mehrere Kinder auf einmal ohne allzu großen Zeitaufwand in die Stadt der Weihnacht bringen konnte. Natascha verabschiedete sich schnell und rief: "Ich wünsche mich nachhause in mein Zimmer zurück!", und sie verschwand.

Der Weihnachtsmann war von Nataschas plötzlicher Entschlossenheit nicht weniger geschockt als Du. So standen beide in der Kälte, während der Schnee auf sie niederrieselte. Der Riss in der Glückskuppel hatte sich stark zu einem klaffenden Loch vergrößert.

Natascha konnte es noch gar nicht fassen. Wie hatte sie nur den Mut zu all dem gehabt? Sie saß regungslos auf ihrem Stuhl. Der Computer schien keinen Schaden von diesem seltsamen Abenteuer davongetragen zu haben. Natascha hätte nun einfach wie ursprünglich geplant ihr Computerspiel spielen und so tun können, als sei nichts gewesen. Aber sie war entschlossen, diese neue Welt, die sie gerade kennengelernt hatte, nicht im Stich zu lassen.

Natascha stand auf. Sie wollte sich beeilen, mit all dem, was sie nun noch vor sich hatte. Das Aufstehen von ihrem Drehstuhl fiel ihr jedoch seltsam schwer. Als sie an sich hinunter sah, bemerkte sie, dass sie noch die dicke, bunte Winterkleidung trug. Sie hatte ihren Wunsch anscheinend nicht präzise genug ausgesprochen. Wenn jetzt ihre Eltern in ihr Zimmer kommen würden...

Es klopfte an der Tür. Schnell sprang das Mädchen ins Bett und zog sich die Decke bis ans Kinn. Sie merkte, wie die Nässe der Schuhsohlen langsam ihr Bettlaken durchtränkte. Die Kapuze lag ihr ungemütlich im Nacken. Ihr Vater trat ein.

"Guten Morgen, Natascha. Es ist Zeit zum Aufstehen… Ist dir etwa kalt?" Er sah seine Tochter verblüfft an und kam dabei gefährlich nahe an sie heran. Natascha wickelte sich immer mehr in die Decke ein, tat so, als ob sie noch schlafe. Sie wusste, dass ihr Vater jeden Moment die Decke wegziehen würde, um sie auf seine gewohnt raffinierte Art zu wecken. Sie versuchte, unbemerkt ihre Hose auszuziehen, während sie sich gähnend räkelte. Plötzlich spürte sie etwas Kantiges in ihrer Hosentasche. Es war der Glücksstern. Und bevor ihr Vater bemerken konnte, in welch seltsame Kleidung Natascha eingehüllt war, war diese verschwunden. Doch das bekam er nicht mehr mit, denn die Zeit blieb für ihn stehen. - Oder anders gesehen: Natascha stand eine kleine Weltreise bevor, doch für den Vater verging keine Sekunde, sondern einfach nur ein Wimpernschlag.

Eine halbe Stunde war vergangen und Janine hatte erst eine Computerseite getippt. Was für eine Arbeit es doch war, wenn man im Tippen nicht sonderlich geübt ist! Nun speicherte sie ihre Seite. Ihr kam auch Steffen wieder in den Sinn. Hatte sie vorhin nicht aus seiner Stimme Hektik und Ungeduld herausgehört? Vielleicht passte ihm die zusätzliche Arbeit gar nicht, und er hatte nur zugesagt, weil er Janine einen Gefallen schuldete? Sie rief ihn an.

"Hallo, Steffen. Tut mir leid, dass ich dich vorhin so überrumpelt habe. Hast du wirklich Zeit, um den Rahmen zu tischlern?"

"Na ja, eigentlich nicht. Aber ich schulde dir doch noch 'nen Gefallen", gab er ehrlich zu. Janine wusste nur zu gut, dass sie ihn im vorigen Jahr durch eine falsche Aussage vor einer Strafanzeige bewahrt hatte. Steffen hatte seinem Nachbarn einen Korb voll Äpfel gestohlen, da dieser zuvor seine kleine Schwester grundlos beleidigt hatte. Janine hatte Steffen damals ein Alibi gegeben.

"Wann kann ich den Rahmen abholen?", fragte sie schließlich. Dann fügte sie noch hinzu: "Die Maße weißt du doch noch, oder?"

"Ab 19 Uhr und ja.", antwortete Steffen und verabschiedete sich. Nun war es aber erst 16.30 Uhr und Janine hatte keine Lust mehr zu schreiben. Deshalb begann sie damit, sich aus Büchern verschiedene Bilder herauszusuchen. Nach ein paar Minuten hatte sie sieben Motive gefunden. Welches eignete sich aber nun am Besten für ein mit speziellen Ölfarben gemaltes Bild für ihre Großeltern? Etwa der schöne Schmetterling, der auf einer Blume saß...? Oder die vielen bunten Formen, die ineinander verschlungen waren? Vielleicht sollte Janine sich auch für die zwei alten Leute entscheiden, die ein glückliches Ehepaar darstellten? Aber der Hund, das Landschaftsbild, der Schneemann und auch der Troll wirkten sehr interessant. Der Troll. Das war's! Janine konnte Du, den Troll aus ihrer Geschichte, abmalen. Sie müsste nur die roten Lippen als blaue darstellen und die Haare ein wenig verkürzen. Dann entspräche er genau ihrer Vorstellung. Als sie sich das stabile Zeichenpapier aus dem Büro ihres Vaters beschafft hatte, benötigte sie nun noch die besonderen Farben aus der Tube. Janine wusste, dass ihre Mutter ihr welche zu Weihnachten schenken wollte. Also gab es keine andere Möglichkeit, als zu suchen. Sie machte es zwar ungern, aber es blieb ihr keine andere Wahl.

"Was mache ich, wenn ich viel von einer Farbe verbrauche und Mama merkt, dass ich sie benutzt habe? Außerdem kann alles schon verpackt sein, oder ich kriege die Farben gar nicht zu Weihnachten!" Janine redete selten mit sich selbst, aber wenn sie ratlos war, konnte dies schon einmal vorkommen. Und jetzt war sie ratlos. Sollte sie das Vertrauen ihrer Eltern missbrauchen und auf die Suche gehen, oder sollte sie lieber andere Stifte und Farben für das Bild benutzen?

Sie entschloss sich, zu suchen. Janine wollte sich die anderen Weihnachtsgeschenke von ihren Eltern aber gar nicht erst ansehen. Was sie von ihrem Vater bekam, wusste sie schon: Schöne neue Skischuhe und zwei nagelneue Skibretter - denn Janine machte nichts auf der Welt lieber als Skifahren; na ja, vielleicht schrieb sie genauso gern Geschichten.

Ein Blick aus dem Fenster verriet, dass ihre Eltern sich noch nicht auf den Rückweg gemacht hatten. Eine dichte Schneewand verdeckte die Sicht auf die Straße. Also machte Janine sich daran, das Haus auf den Kopf zu stellen. Im Schlafzimmer ihrer Eltern entdeckte sie eine Rolle Geschenkpapier. Und zu ihrer Zufriedenheit war es noch unbenutzt!

Kurz darauf fand sie dann schließlich zehn kleine Tuben, in denen sich die gesuchten Farben befanden. Janine nahm sich Blau und Grün für die Lippen und den Pullover des Trolls, Gelb für seine Hose, Rot-Braun für die Schuhe und Orange für die Haare. Das Gesicht und die Hände wollte sie lieber mit normalen Holzbuntstiften anmalen, weil diese Stellen blass wirken mussten. Nun brachte sie zuerst Farben, Bild und Papier in ihr Zimmer. Dann nahm sie einen Bleistift und versuchte, das kleine Motiv abzuzeichnen.

Nach einiger Zeit des Herumwerkelns hatte sie das Bild fertig gezeichnet. Sie war von ihren eigenen künstlerischen Fähigkeiten ganz begeistert und malte deshalb noch eigenhändig ein paar Kleinigkeiten in den Hintergrund. In die obere Ecke kamen ein Mond und viele kleine Sterne hin. Und ganz klein zeichnete Janine noch einen Weihnachtsmann mit Flügeln in den Hintergrund, einen der größten Sterne in seinen Händen haltend.

Als die Bleistiftzeichnung fertig war, zog sie die Konturen mit einem dünnen schwarzen Fineliner nach. Zuerst wollte sie nun den Mond und die Sterne anmalen. Statt aber die neue Farbe zu verwenden, benutzte sie Filzstifte, weil sonst alles verwischt wäre. Den großen Stern malte sie mit Neongelb an, damit er sich stark von den anderen abhob. Der Weihnachtsmann hingegen war zu klein, um wegen ihm die Farben zu verschwenden.

"Holzbuntstifte!", entschied Janine. Und wie sich später herausstellte, wirkten diese hervorragend. Den Himmel wollte sie blau-schwarz malen, doch das würde zu viel der neuen Farbe verbrauchen. Deshalb entschied sie sich abermals für Stifte.

Zum Schluss kam der Troll an die Reihe. Janine malte seine Haut mit orangenen Holzbuntstiften an. Seine Haare, seine Lippen und seine Klamotten wurden wie geplant mit den neuen Farben angemalt. Schließlich war das Bild fertig. Es war viel schöner als das von Moni, fand Janine.

"Nun habe ich auch dieses Problem gelöst", sagte Janine erleichtert. Sorgfältig räumte sie die Farben wieder weg. Und jetzt konnte sie auch den Bilderrahmen bei Steffen abholen. Vorher rief sie aber noch bei ihren Großeltern an und erkundigte sich nach ihren Eltern. Sie wollten bald losgehen, kamen aber wegen der Glätte zu Fuß. "Bei der Dunkelheit...!" Janine lief ein Schauer über den Rücken. "Aber ich muss jetzt auch raus".

Ein paar Minuten später ging sie aus dem Haus. Draußen war es bitterkalt. Schon bald war Janine völlig erschöpft und frierend bei Steffens Hobbywerkstatt angekommen. Sie klopfte an die Tür und er bat sie herein. Steffen arbeitete an mehreren Dingen gleichzeitig: an einer kleinen Kommode, einem Stuhl, einer Flöte und an Janines Bilderrahmen. Wenn er gerade für die Kommode das Schleifpapier brauchte, dann schliff er auch gleich noch ein wenig am Rahmen herum. Janine beobachtete gespannt die Handbewegungen von Steffen. Er arbeitete schnell - war aber trotzdem sehr geschickt.

"Hier, das ist der Rahmen. Du kannst ihn noch ein bisschen anmalen, wenn du willst. Das Holz saugt jede Farbe gut auf", sagte Steffen und reichte ihr das kleine Kunstwerk. Janine betrachtete den Rahmen verwundert. Es war sogar eine Glasscheibe dabei.

Obwohl Steffen nicht wollte, dass sie den Rahmen bezahlte, akzeptierte er schließlich ihr Versprechen, das Geld nach den Weihnachtsfeiertagen anzunehmen.

"Jetzt hau' aber ab. Ich hab noch viel zu tun", sagte er lächelnd. "Frohe Weihnachten, Janine." Sie wünschte ihm auch frohe Weihnachten und schloss die Tür hinter sich.

Als Janine die Straße zu ihrem Haus entlang lief, sah sie durch ein Fenster ein schwaches flackerndes Licht im Keller. Waren das schon ihre Eltern? Aber nein, da hinten kamen sie ja gerade die Straße entlang! Janine lief ihnen entgegen.

"Mama, Papa", rief sie im Flüsterton. "Da ist jemand in unserem Keller! Ich war bei Steffen, und..."

"Ja, ja", sagte der Vater, der solche kleinen Lügengeschichten von Janine schon gewohnt war. Aber als er das Licht im Keller schließlich auch sah, zweifelte er nicht länger an der Behauptung seiner Tochter. Es war eindeutig der schwache Schein einer Taschenlampe.

In Windeseile holte die Mutter ihr Handy hervor und rief die Polizei, während Janines Vater versuchte herauszubekommen, wo der Einbrecher eingestiegen war. Doch schon nach wenigen Augenblicken riefen Janine und ihre Mutter ihn zurück, denn sie hatten ein ungutes Gefühl, da er sich in der Nähe der Einbrecher aufhielt und sich möglicherweise dadurch in Gefahr brachte.

Wenige Minuten später tauchten am anderen Ende der Straße zwei Streifenwagen der Polizei auf. Sie hielten rutschend vor den Dreien. Die Polizisten fragten kurz nach ein paar Einzelheiten der Situation und ließen sich von Janines Mutter den Haustürschlüssel geben; schließlich platzierten sich zwei von ihnen hinter dem Haus, zwei davor und drei Männer liefen um das Haus herum, mit der Absicht, sämtliche Ausgänge zu sichern.

Janine hatte die ganze Zeit auf das Licht geblickt, daher war sie die Erste, die die plötzliche Dunkelheit bemerkte. Sie informierte einen Polizisten, der die Warnung gleich darauf an seine Kollegen weitergab. Was dann alles geschah, bekam Janine nicht mehr mit. Sie hing ihren Gedanken nach: Was wäre passiert, wenn sie zuhause gewesen wäre? Hätte man sie entführt? Hätte man ihr noch Schlimmeres angetan?

Plötzlich rief einer der Polizisten etwas, was Janine nicht hörte. Ihre Mutter erzählte ihr später, dass er "die Festnahme der beiden Einbrecher" stolz verkündet hatte. Die beiden waren zwei Männer im Alter von vierzig und fünfundvierzig Jahren. Sie wurden schon in der ganzen Stadt von der Polizei gesucht, denn sie hatten offenbar bereits mehrere Einbrüche und Diebstähle begangen. In den Taschen ihrer Klempneranzüge hatten sie ihre Beute versteckt: Ein Großteil des Schmucks von Janines Mutter, Bargeld und der DVD-Player aus dem Wohnzimmer waren darunter.

Erst als die Aufregung vorbei war und die Polizei mit den Einbrechern davonfuhr, wurde Janine bewusst, wie Recht sie mit ihren "Was wäre, wenn...- Überlegungen" gehabt hatte. Denn als Klempner wären die beiden bestimmt irgendwie ins Haus gekommen, auch wenn sie zuhause gewesen wäre...

Später am Abend lag sie neben ihrer Mutter auf dem Sofa. Beide waren müde und erschöpft, außerdem erleichtert, dass Janine nichts passiert war und dass auch nichts gestohlen wurde.

Am nächsten Morgen wachte Janine schon gegen acht Uhr auf. Sie hätte aber um fünf Uhr aufstehen müssen, um alles zu schaffen, was sie noch erledigen musste. Zuerst duschte sie. Während des hektischen Frühstücks föhnte sie sich die Haare. Um neun Uhr schmückte sie mit ihrer Mutter das Haus. Sie stellten Krippenfiguren auf die Fensterbänke und dekorierten Türen und Fenster mit bunten Sternen.

"Mama, wann hab' ich noch mal ein bisschen Zeit für mich? Ich muss nämlich noch was erledigen", fragte Janine, nachdem auch der Baum geschmückt war und sie und ihre Mutter gerade dabei waren, den Salat für das Mittagessen vorzubereiten.

"Du brauchst noch Zeit? Dann beeil dich aber mit dem, was du noch machen willst. Mehr als ein bis zwei Stunden kann ich dich nicht entbehren. Wir müssen ja alles schon fertig vorbereitet haben, weil wir morgen den ganzen Tag bei Oma und Opa sind." In nur einem Atemzug zählte ihre Mutter etliche Dinge auf, bei denen sie noch die Hilfe ihrer Tochter benötigte.

Janine bekam einen Schreck. "Nur zwei Stunden?" Sie hätte gut noch die doppelte Zeit zum Schreiben gebrauchen können. Dann bat sie ihre Mutter um eine Liste, auf der alles aufgeschrieben war, was sie noch erledigen sollte.

Nachdem Janine die einzelnen Punkte durchgelesen hatte, machte sie sich auch sogleich an die Arbeit. Zuerst schippte sie auf dem Gehweg vor dem Haus Schnee, half beim Kochen und packte Geschenke ein. Nach dem Mittagessen suchte sie noch schnell ein paar Weihnachtsbücher heraus und sortierte die Wäsche. Bald hatte sie auch schon ihr Zimmer aufgeräumt. Also saß sie um 15 Uhr bereits wieder am Computer und fing an zu schreiben.

Natascha saß auf einem Liegestuhl im Schatten einer langen Palme an einem atemberaubenden Strand irgendwo in der Karibik. Sie hatte einen rosafarbenen Badeanzug an, den sie gerade erstaunt anblickte.

"Was zum Teufel...?", doch bevor sie sich erst fragen konnte, was mit ihr passiert war, fiel ihr alles wieder ein. Der Stern lag neben ihr im Sand. Mit der Erinnerung kam auch die Angst wieder, Du nicht helfen zu können. Sie wäre zwar gerne noch hier in dieser traumhaften Umgebung geblieben, aber sie musste dringend wieder nachhause. Sie überlegte, wie sie den neugierigen Fragen ihres Vaters entgehen konnte. Schließlich kam ihr eine Idee. "Ich wünsche mich zu mir nachhause auf den Dachboden." Gewünscht - erfüllt. Eine Sekunde später stand Natascha in ihrem Schlafanzug auf dem Dachboden. Sie ging die Treppe hinunter und prüfte erst einmal die Lage. Ihre Eltern waren, den lauten, aufgeregten Stimmen nach zu urteilen, im Schlafzimmer.

"Sie ist weg... Sie lag im Bett... und dann..." Das war alles, was Natascha von den beunruhigten Worten ihres Vaters verstand. Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Hätte sie sich bloß in ihrem Schlafanzug zurück in ihr Bett gewünscht! Ihr Vater hätte nichts von ihrer kleinen Reise bemerkt. Aber nun hatte Natascha keine andere Wahl. Sie öffnete die Tür. Eine Ewigkeit lang herrschte Stille, dann ertönten die ersten Worte ihres Vaters.

"Wie, wann, was…?" Mit ratlosem Gesicht sah er seine Tochter an.

"Was ist hier überhaupt los?" Natascha spielte die Ahnungslose.

"Du warst weg. Weg warst du. Vor genau zwei Minuten warst du noch weg!" Ihr Vater war fassungslos.

Sie versuchte, der ungemütlichen Situation auszuweichen. "Ich muss in einer halben Stunde zur Schule. Heute ist ja zum Glück der letzte Tag." Dann entfernte sie sich heimlich, still und leise aus dem Zimmer der Eltern. Nun wollte sie ihren Plan ausarbeiten.

In der Schule angekommen, versuchte Natascha sich mit so vielen Freunden wie möglich zu verabreden. Sie schaffte es, für denselben Tag um 13 Uhr Karolin, Frederike und Tanja zu sich einzuladen. Und eine Stunde später sollten Nicole und Philipp kommen. Natascha hatte vor, ihre Freunde mitten im Spiel zu "entführen" und ihnen in Zazuku dann alles zu erklären.

Nach dem schrecklich langweiligen Schultag, der mehr aus Spiel- und Unterhaltungsstunden bestand als aus richtigem Unterricht, konnte Natascha es bis 13 Uhr kaum noch erwarten. Ihre Eltern waren weniger erfreut, als schließlich

statt der angegebenen Tanja nun auch noch Karolin und Frederike auftauchten. Natascha zerrte sie in ihr Zimmer und zeigte ihnen sofort den kleinen leuchtenden Zauberstern.

"Er ist toll. Denn er kann zaubern", gab sie an. "Ich will euch etwas zeigen. Schließt die Augen." Natascha murmelte noch etwas Unverständliches, dann waren die Kinder verschwunden.

Janine war zufrieden. Sie hatte mittlerweile so etwas wie ein "Schreibmaschinen-Fingerspitzengefühl" entwickelt - das Abtippen nahm nun weniger Zeit in Anspruch als noch am Tag zuvor. Sie erledigte schnell noch ein paar Dinge und saß zwanzig Minuten später wieder am Computer.

Aber plötzlich klingelte das Telefon. Es war Moni. Sie war also wieder zuhause. Auf Janines Frage antwortete sie, dass sie und ihre Familie am Vortag keine größeren Probleme gehabt hätten. Als Janine sich geduldig alles über den Winterausflug ihrer Freundin angehört hatte, konnte sie es nicht mehr länger aushalten: Sie erzählte ihr von dem nächtlichen Einbruch in ihrem Haus. Und natürlich übertrieb sie so maßlos, dass Moni sofort mit Janines Mutter sprechen wollte, um zu fragen, wie es ihr denn nun ginge, nachdem einer der Einbrecher mit der Pistole auf sie gezielt und beinahe auf sie geschossen hatte. Janines Mutter war sehr überrascht - denn sie wusste noch gar nichts von dem Kopf-Streifschuss und einem großen Schock, den sie erlitten haben sollte.

"Du leidest wohl an Gedächtnisverlust nach der Kugel im Kopf!", rief Janine lachend und lief in ihr Zimmer zurück, während ihre Mutter Moni die nächtlichen Begebenheiten wahrheitsgemäß schilderte. Janine schrieb weiter.

Natascha war keineswegs weniger erstaunt als ihre Freunde. Doch bevor unter ihnen eine Panik ausbrechen konnte, erklärte sie ihnen mit ruhiger Stimme all das, was auch sie selbst über diese seltsame, unglaubliche Welt der Wunder wusste. Frederike war trotzdem noch sehr verängstigt, wohingegen Tanja und Karolin ihre Begeisterung kaum zurückhalten konnten.

Die kleine Gruppe lief langsam und neugierig um sich schauend durch die schmalen Gassen von Zazuku. Jeder Engel, Troll und Zwerg drehte sich eifrig nach ihnen um und grüßte sie herzlich. Niemand hätte gedacht, dass das Mädchen es so schnell schaffen könnte, Kinder in die Stadt zu bringen, auch wenn es nur drei waren.

Das Haus des Weihnachtsmannes hatte Natascha schnell wiedergefunden. Es war das auffälligste Gebäude der ganzen Stadt: Purpurrote Ziegelsteine schmückten die gesamte Fassade; die Fenster und Türen waren an der Außenseite mit einem weißen, bauschigen Material behängt, das dem Bart des Weihnachtsmannes sehr ähnlich sah; auf dem Dach stand ein riesengroßer, hölzerner Schlitten. Natascha überließ ihre Freunde dem Weihnachtsmann, der sehr erfreut war, das Mädchen in Begleitung zu sehen. Sie selbst machte sich auf die Suche nach Du, denn sie wollte ihm von ihrem Erfolg berichten. Als sie die verschneiten Gassen entlangging, begegnete sie nur wenigen Bewohnern der Stadt. Die Kälte war beinahe unerträglich und grenzte sämtliche Aktivitäten auf ein Minimum ein. Große Schneeflocken rieselten durch den unsichtbaren Riss in der Glückskuppel, begleitet von einem eisig kalten Wind.

Sie fand Du in dem riesigen Schneemannshaus. Er saß an einem runden Tisch und aß die ihm bekannte durchsichtige Masse, die jedoch diesmal nicht mit Schokoladenstückchen, sondern mit Kirschen verziert war.

"Hallo, Du! Ich bin's, Natascha", sagte sie zaghaft, als sie schon fast hinter ihm stand.

"Ich hab dich schon erkannt", sagte er mürrisch. Und dann fügte er fragend hinzu: "Wie viele Kinder hast du in die Stadt gebracht?"

"Leider nur drei. Aber..."

"Na das ist doch wenigstens etwas", erwiderte er traurig. "Ich habe gehört, dass die anderen Trolle und Zwerge schon siebenunddreißig weitere Kinder nach Zazuku gebracht haben."

"So viele?" Natascha war erstaunt.

"Ja. Immerhin warst du nach deiner Zeitrechnung ' nen halben Tag lang weg." Du aß sein Schälchen leer und dann machte er sich gemeinsam mit Natascha auf den Weg zum Weihnachtsmann. Er hatte etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.

Kaum betraten sie das große Wohnzimmer des Hauses, da fiel der pausbäckige Mann dem Troll auch schon in die Arme, wirbelte ihn herum und lachte. Kurz darauf hatte er sich wieder gefasst und setzte sich auf seinen Sessel. Er räusperte sich kurz.

"Ich hab mich so gefreut, deine Freundin Tanja wiederzusehen, Natascha. Sie war letztes Jahr schon mal bei uns und hat geholfen, die Geschenke zu produzieren, weil viele Engel plötzlich erkrankt waren", sagte er zu Natascha.

"Wirklich? Und wieso hast du mir nichts davon erzählt, als du den Stern in meiner Hand gesehen hast?", wandte Natascha sich an ihre Freundin.

Tanja lächelte. Und bevor sie etwas sagen konnte, antwortete der Weihnachtsmann schon an ihrer Stelle: "Wahrscheinlich hat sie das Verbot, nichts erzählen zu dürfen, etwas zu ernst genommen."

Alle lachten und wirkten sehr fröhlich. Doch Du hatte noch etwas auf dem Herzen. "Wir müssen unbedingt etwas miteinander klären. Es geht um die Kälte hier in Zazuku."

Die vier Mädchen und der Weihnachtsmann lauschten Dus Worten.

17.30 Uhr. Janine stellte fest, dass ihre Augen bereits ein wenig schmerzten, obwohl sie mehr auf die Tastatur als auf den Bildschirm blickte. Sie schaltete den Computer gerade aus, als ihre Mutter hereinkam.

"Endlich bin ich mit allem fertig. Dann müssen wir am Sonntag nur noch kochen", sagte Janines Mutter mehr zu sich selbst als zu ihrer Tochter. Doch der eigentliche Grund für ihr Hereinkommen war, dass sie Janine fragen wollte, ob sie mit ins Wohnzimmer käme. Ein paar Minuten später saß die ganze Familie auf dem gemütlichen Sofa, denn auch Janines Vater hatte sich soeben hinzugesellt.

"Mich kriegen heute keine zehn Pferde mehr vor den Computer!", dachte Janine. Dieser Abend wurde der schönste seit einer Woche. Janine sah fern, las in einem Buch und ging dann schon früh ins Bett. Denn nach den letzten anstrengenden Abenden hatte sie den Schlaf bitter nötig. Und tatsächlich schlief sie sofort ein.

Die "Ein-Tag-vor-Weihnachten-Hektik" begann auch dieses Jahr bei Janine und ihren Eltern in den frühen Samstag-Morgenstunden. Janines Mutter stand um sieben Uhr auf, Janine erst eine Stunde später. Ihr Vater lag noch länger im Bett, denn er hasste es, wegen seiner langweiligen und nervigen Schwiegereltern früh aufstehen zu müssen. Janine hingegen mochte ihre Großeltern sehr gern. Sie kannte ja immerhin auch nur deren gute Seiten - denn sie sah die beiden nur ein paar Mal im Jahr, weil sie in einer anderen Stadt wohnten. Ihre Großeltern väterlicherseits sah sie hingegen sehr oft; sie nahmen auch jedes Jahr an Heiligabend bei Janine und ihren Eltern an der Bescherung teil.

Nun war es fast 10.30 Uhr und die gefährliche Fahrt zu ihren Großeltern begann. Draußen war es trotz des vielen Streusalzes sehr glatt. Mehr als Tempo fünfzig konnten sie auch auf der Schnellstraße nicht fahren. Also dauerte die normalerweise eineinhalbstündige Fahrt fast drei Stunden.

Als sie endlich bei dem Haus von Janines Großeltern angekommen waren, begann es draußen erneut sehr stark zu schneien.

Das Vorweihnachtsessen begann pünktlich um 14 Uhr. Während Janine ihre letzte Kartoffel auf die Gabel spießte, fiel ihr ihre Geschichte wieder ein. Sie wusste, dass ihre Großeltern einen PC besaßen. Sie fragte, ob sie eine Weile daran arbeiten könne, um einen unfertigen Brief an ihre Freundin Moni zu beenden und ihn dann auf einer Diskette zu speichern.

"Ich würde mich zwar gern noch ein bisschen mit dir unterhalten, aber wenn dieser Brief so wichtig ist...", erwiderte ihre Oma.

Kurz darauf saß Janine allein in dem Arbeitszimmer ihrer Großeltern. Sie holte ihre handgeschriebenen Seiten aus der Hosentasche und las sich noch einmal den letzten Absatz durch. Dann fing sie an zu schreiben.

Du berichtete in seiner Rede über einen Plan: "Ich habe mir überlegt, es ist doch ungerecht, dass alle Bewohner Zazukus frieren müssen - und das nur wegen mir. Also möchte ich es wiedergutmachen, indem ich dir, Weihnachtsmann, einen Vorschlag mache. Ich finde nämlich, wir sollten die Kraft unserer Sterne nutzen, um..."

Der Weihnachtsmann rief dazwischen. "Aber Du! Du weißt doch genau, dass die Kraft der Sterne nicht ausreicht, um die Glückskuppel zu reparieren!"

"Ja, das weiß ich. Aber das ist nicht das, was ich meine", erwiderte Du. "Ich hatte eher daran gedacht, dass wir ein paar unserer Ersatzglückssterne an die drei Mädchen verteilen. Denn wie ihr ja wisst, kann nur jemand, der einen Stern besitzt, andere Kinder nach Zazuku bringen. Außerdem passiert es uns Trollen schon mal, dass Kinder vor uns Angst bekommen und weglaufen. Andere Kinder wirken weniger Furcht einflößend und vertrauensvoller." Das leuchtete jedem ein. Du fuhr fort. "Damit wäre uns allen geholfen. Bald hätten wir dreihundertdreiunddreißig Kinder hier und ich glaube, ich werde bei dem Gedanken daran schon ein bisschen glücklicher!" Er strahlte über das ganze Gesicht; - und tatsächlich verkleinerte sich in diesem Moment der Riss in der Glückskuppel ein wenig.

"Du, es tut mir sehr leid. Aber die Ersatzsterne sind nur für Notfälle gedacht", warf der Weihnachtsmann kleinlaut ein.

"Das ist ein Notfall", riefen Natascha, Frederike, Karolin, Tanja und Du wie aus einem Munde.

"Oder willst du, dass der Riss noch größer wird?", hakte Natascha noch einmal raffiniert nach.

"Ihr habt ja Recht", gestand der Weihnachtsmann. "Ich gebe mich geschlagen!" Damit war es eine beschlossene Sache.

Kurze Zeit später hielt jeder von ihnen einen glänzenden, kleinen Glücksstern in der Hand. Für die Kinder war es ein Gefühl, als wenn sie am Weihnachtsabend unter einem festlich geschmückten Baum das schönste aller Geschenke vorfänden. Nur Du blickte etwas traurig, denn er hatte ja nun immer noch keinen Glücksstern. Aber er setzte all seine Hoffnung in Natascha und ihre Freunde, weil er sich wünschte, dass sie es noch am selben Tag schaffen würden, dreihundertdreiunddreißig Kinder nach Zazuku zu bringen, damit auch er wieder einen Stern bekäme.

Nach diesem Glücksmoment gaben Du und der Weihnachtsmann den Kindern noch ein paar Anweisungen. Dann verabschiedeten sie sich und nur eine tausendstel Sekunde später kamen die Kinder wieder in Nataschas Zimmer an. Kaum hatten sie erst einmal Luft geholt, da kam auch schon Nataschas Mutter herein. Sie brachte den Mädchen jeweils eine Tasse Kakao und ging kurz darauf wieder verwundert aus dem Zimmer, weil ihre Tochter und deren Freundinnen sich sehr seltsam benahmen. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, herrschte allgemeine Erleichterung.

Dann schlug Tanja vor, sie sollten beginnen, andere Kinder nach Zazuku zu bringen. Und da es schon 13.30 Uhr war, beschlossen sie, noch auf Nicole und Philipp zu warten, die ja um 14 Uhr kommen wollten. Frederike glaubte, dass der Weihnachtsmann bestimmt noch zwei Sterne für sie übrig habe. Und damit hatte sie Recht. Denn als sie mit den beiden sprachlosen Freunden bei Du und dem Weihnachtmann ankamen, bekamen auch diese gleich zwei leuchtende Glückssterne in die Hand gedrückt. Gemeinsam führten Du und die vier Mädchen Nicole und Philipp ein wenig durch Zazuku, damit die beiden verblüfften Kinder sich ein Bild von der Stadt machen konnten, die sie retten sollten.

"Janine, wir wollen bald gehen!", rief ihr Vater. "Setz dich doch noch kurz zu uns."

Janine speicherte den geschriebenen Text auf einer Diskette, schaltete den Computer aus und gesellte sich dann zu ihrer Familie. Doch kurz darauf mussten sie sich schon auf den Rückweg machen, denn es waren schlimme Schneewehen zu erwarten. Kaum saßen sie im Auto, da begann das Unwetter auch schon. Schnee, Schnee und nochmals Schnee! Und noch dazu dieser starke Wind... Die Straßen waren so glatt wie selten zuvor.

Trotz unendlicher Rutschpartien kamen sie nach ungefähr dreieinhalbstündiger Fahrt endlich unbeschadet zuhause an.

Wenige Augenblicke später saß Janine Tee trinkend mit ihren Eltern vor dem Fernseher. Sie sahen sich eine Weihnachtskomödie an. Nach dem Film wünschte Janine ihren Eltern eine gute Nacht und ging in ihr Zimmer. Sie legte sich auf ihr Bett und überlegte, wie sie es bis morgen schaffen sollte, die Geschichte zu Ende zu schreiben. Im Notfall könnte sie ihren Eltern den Schluss auch auf den handgeschriebenen Seiten geben. Das war zwar keine sehr gute Idee, aber eine eventuelle Lösung.

Nach weiteren Gedanken dieser Art, zog Janine sich aus und dann ihren Schlafanzug an. Sie stieg ins Bett, löschte das Licht und schlief sofort ein.

Als ihre Mutter zehn Minuten später hereinkam, wunderte sie sich, ihre Tochter um diese Zeit schon im Bett vorzufinden. Sie schüttelte erstaunt den Kopf, gab Janine einen Kuss auf die Wange und ging aus dem Zimmer.

Janine wachte kurz vor Mitternacht auf. Sie erinnerte sich noch genau an den Traum, den sie soeben gehabt hatte. Er fühlte sich realer an als alle Träume je zuvor. Diese Stimme! Janine hatte sie so gut verstehen können. Und erst Dus Gesicht, als sie ihn so deutlich vor sich sah... Sie wusste noch genau, was er gesagt hatte: "Janine, meine Erschafferin! Aus deinen Gedanken bin ich entsprungen, deine Worte lassen mich leben. Zum Zeichen meiner Dankbarkeit will ich dir am morgigen Weihnachtsabend persönlich etwas überreichen. Erinnerst du dich noch an die Stelle aus deiner Geschichte: 'Wenn du interessiert daran bist, einmal an einem Wunder mitzuwirken, dann müssen wir dahin zurück.´ Diese Worte hast du, Janine, mir in den Mund gelegt. Und jetzt gebe ich dir die Gelegenheit, einmal an Nataschas Stelle zu mir in meine Welt zu kommen. Morgen Abend, nachdem du die Geschichte zu Ende geschrieben hast, führe ich dich zu mir. Deine Eltern werden nichts merken, denn vergiss nicht: Die Zeit bleibt stehen…"

Nun lag Janine hellwach in ihrem Bett. Sie wusste, dass das Geschehene nicht real gewesen sein konnte. Es war ein Traum. Ein einfacher Traum. Und nun würde sie versuchen, wieder einzuschlafen, denn ihr stand ein anstrengender Tag bevor. Kaum fünf Minuten später war sie tatsächlich eingeschlafen.

"Janine, vergiss nicht, dass ich dich abhole. Du musst bis dahin die Geschichte beendet haben. Beeil dich!" Diese Worte hörte Janine irgendwann in der Nacht ganz deutlich. Es waren Dus Worte...

Am nächsten Morgen lag Janine vor dem Aufstehen noch einen Moment lang im Bett und überlegte. "Deine Worte lassen mich leben", das hatte Du ihr im Traum gesagt. Plötzlich zweifelte Janine. War es wirklich nur ein Traum gewesen? Schon oft hatte sie von seltsamen Begebenheiten gehört, die man als Wunder bezeichnete. Warum sollte so etwas denn nicht möglich sein?

"Quatsch! Du lebt doch nur in meiner Geschichte!", versuchte Janine sich selbst zu überzeugen. Und doch wollte sie sicher gehen: Vorausgesetzt alles war kein Traum und sie konnte dank ihrer Fantasie mit Du machen, was sie wollte - dann könnte sie in ihrer Geschichte etwas ergänzen. Sie könnte ihn zum allmächtigsten Wesen der Welt machen, und wenn er dann am Abend zu ihr käme und sie abholte, könnte sie sich von ihm all das wünschen, was sie schon immer haben wollte. Und...

"Guten Morgen, Schatz!", sagte plötzlich ihre Mutter, die gerade die Tür geöffnet hatte.

"Morgen!", antwortete Janine gespielt schläfrig.

"Du musst aufstehen. Es ist gleich acht und wir wollen bald frühstücken. Übrigens: Draußen liegt fast ein halber Meter Schnee und der Himmel ist strahlend blau! Es ist ein richtiges Weihnachtswetter wie aus dem Bilderbuch. Raus aus den Federn!"

Als Janine zum Fenster stürmte, um sich von dem schönen Wetter zu überzeugen, rieb sie sich erstaunt die Augen. Einen Moment lang stand sie regungslos da, dann fasste sie sich wieder. "Was, es ist schon acht? Ich muss mich beeilen. Ich springe schnell unter die Dusche und dann..."

"...Und dann musst du mir helfen. Wir haben noch mehr zu tun, als ich gedacht habe. Nach dem Frühstück musst du abwaschen und ich poliere das Silberbesteck."

"Das mach lieber ich, und du wäschst stattdessen ab", warf Janine ein.

Ihre Mutter fuhr fort: "Und dann müssen wir Kartoffeln schälen und den Braten vorbereiten. Weiterhin muss noch staubgewischt und staubgesaugt werden. Und... Oh, die Wäsche ist ja noch gar nicht trocken! Wir müssen sie noch unbedingt trocken kriegen, damit ich sie nachher gleich bügeln kann! Und meine Haare - guck sie dir an, sie müssen unbedingt gewaschen werden!" Endlich unterbrach Janines Mutter ihren Redeschwall und machte sich an die Arbeit. Kurz darauf stand Janine unter der Dusche. Am liebsten hätte sie noch länger das heiße, dampfende Wasser genossen. Aber ihre Eltern mussten ja auch noch ins Bad. Sie trocknete sich ab und zog sich an. Dann ging sie schnell ins Esszimmer und half ihrem Vater, den Tisch zu decken. Noch bevor ihre Mutter aus der Dusche kam, hatte Janine sich schon ihre Haare geföhnt. Es schien alles reibungslos abzulaufen, im Gegensatz zu dem hektischen 'Sich-gegenseitig-in-die-Quere-kommen´ der letzten Weihnachtsfeste.

"Du, Papa. Was machst du heute eigentlich so alles?", fragte Janine, als sie mit ihren Eltern am Frühstückstisch saß.

"Ich...ich muss noch in der Garage arbeiten", antwortete ihr Vater ausweichend.

"Könntest du nicht für mich staubsaugen und staubwischen? Dann muss ich nämlich trotzdem noch das Besteck polieren, die Bügelwäsche für Mama sortieren und ein wenig für etwas üben, das ich heute Abend vortragen will."

Janines Vater sah seine Frau etwas hilflos an. Sie erwiderte den Blick jedoch mit einer entschuldigenden Geste und sagte dann: "Achim, du tust sonst nie etwas im Haus. Wenigstens am Weihnachtstag kannst du uns hier ja wohl helfen!"

Der Vater blickte auf den Boden, stimmte schließlich seinen beiden Frauen zu, räumte kurze Zeit später mit Janine zusammen das Geschirr weg und machte sich dann an die ihm aufgetragene Arbeit.

Das Polieren des Bestecks ging schnell, und als Janine dann endlich mit der Gewissheit, für ein paar Stunden ungestört zu sein, in ihrem Zimmer verschwand, war sie erleichtert. Ob Traum oder Wirklichkeit - falls Dus Worte tatsächlich wahr gewesen sein sollten, musste sie sich beeilen. Sie setzte sich auf ihren Stuhl und schaltete den Computer ein. Kurz darauf begann sie mit dem Weiterschreiben.

4. Eine Reise

Augenblicke später plante Natascha mit ihren Freunden einen ‚Entführungsakt'. Sie saßen alle in ihrem Zimmer auf dem Sofa und schlürften ihre zweite Tasse Kakao. Und als Natascha gerade einen großen Schluck nahm, kam ihr so plötzlich eine Idee, dass sie sich fast verschluckte.

"Hey! Ich hatte gerade einen Geistesblitz! Wir könnten uns doch in eine andere Stadt wünschen. Dort müssten wir nur eine Schule aufsuchen und wir könnten eine ganze Klasse, natürlich ohne Lehrer, nach Zazuku bringen", erzählte Natascha aufgeregt.

"Und wieso machen wir das nicht bei uns an der Schule?", fragte Tanja verwirrt.

"Das ist doch langweilig. Wenn wir schon die Möglichkeit haben, kostenlos und mit Lichtgeschwindigkeit in der Welt herumzureisen, dann sollten wir diese auch nutzen!" Natascha war sichtlich euphorisch. Ihre Augen strahlten. "Wir können uns ja wünschen, dass die Kinder ihr Erlebnis niemandem erzählen. Hauptsache, sie waren in Zazuku. Und außerdem lernen wir die Welt kennen und können vielleicht sogar fremde Sprachen sprechen!"

Sie stimmten sogleich ab, in welche Stadt sie aufbrechen wollten. Natascha und Philipp stimmten für Barcelona, Karolin und Tanja für New York City, Frederike für Havanna und Nicole für Sydney. Da sie sich nicht zwischen Barcelona und New York City entscheiden konnten, wurden Nataschas ahnungslose Eltern um Rat gefragt. Beide stimmten für Barcelona.

"In Ordnung, also Barcelona. Ich glaube sowieso, dass wir dort mehr Glück haben werden, denn in Spanien haben die Schüler auch nachmittags noch Unterricht", sagte Natascha zufrieden. "Ich schlage vor, dass wir so bald wie möglich aufbrechen. Aber zuvor müssen wir noch so Einiges planen. Wie genau können wir es schaffen, in diese Klassen hineinzukommen? Und wie wollen wir dann weiter vorgehen? Was ist, wenn wir es nicht schaffen, die Kinder dazu zu bringen, niemandem von ihrem Erlebnis zu erzählen?" Natascha war besorgt.

"Beruhig dich mal. Wir können doch alles dort planen. Wenn etwas schief gehen sollte, verschwinden wir einfach ganz schnell wieder. Irgendwie wird es schon gehen", sagte Philipp zuversichtlich. "Wollen wir aufbrechen?"

Allgemeines Kopfnicken war die einzige Antwort, denn obwohl man es keinem ansah, war jeder von ihnen vor Aufregung fast am Platzen. Dann holten sie ihre Glückssterne hervor und gemeinsam zauberten sie sich in die Hafen-Metropole Spaniens.

Währenddessen hatten die Bewohner Zazukus ein paar wichtige Dinge zu klären: "Was wird sein, wenn wir trotz Dus neuem Glücksstern alle unglücklich bleiben und die Kuppel soweit aufreisst, dass wir sie nicht mehr reparieren können?"

"Wenn es soweit kommt - ich sage es ungern, aber es ist sehr wahrscheinlich bald der Fall - dann müssen wir notgedrungen die ganze Stadt evakuieren. Die Kälte ist gnadenlos. Es müssen sich wohl in den nächsten Tagen ein paar mutige Helfer auf den Weg zum Magier Salvatore Rommilius machen, um ihn um Hilfe zu bitten", antwortete der Weihnachtsmann auf die Frage eines Trolls. "Aber ich gebe euch noch einen Tipp: Versucht bitte genau so positiv zu denken wie früher. Sonst regt ihr euch schnell über etwas auf, habt keine Hoffnung mehr und seid traurig. Das wäre für uns alle sehr gefährlich..."

Janine hörte auf zu tippen und blickte noch einmal auf ihre handgeschriebenen Seiten. So eine Geschichte zu schreiben war ganz schön viel Arbeit. Sie speicherte ihre Zeilen. Janine war mit sich selbst zufrieden. Sie war jetzt schon an der Stelle, wo der Magier das erste Mal erwähnt wurde. "Ich schaffe es bis heute abend bestimmt, die Geschichte zu Ende zu schreiben", dachte sie zuversichtlich.

Mittlerweile war es fast elf Uhr mittags. Janine verließ ihr Zimmer. Sie dachte an den Magier, der bald für ein paar Seiten in ihrer Geschichte neben Natascha und Du die Hauptrolle spielen sollte. Ihr Vater kam ihr aus der Küche entgegen. "Schreibst du immer noch an Moni?", fragte dieser erstaunt. "Der Brief geht bestimmt ins Guinness-Buch der Rekorde ein. Oder tippst du etwa nur zwei Buchstaben pro Minute?"

"Es ist eben ein super-langer Weihnachtsbrief. Der braucht seine Zeit, Salvatore!", sagte Janine lachend zu ihrem Vater. Dieser sah sie verblüfft an, während er die Schnur des Staubsaugers abwickelte. Bevor er mit dem Saugen anfangen konnte, drückte Janine ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte: "Danke!" Dann lief sie in die Küche zu ihrer Mutter. Diese war schon ganz genervt.

"Wieso ist Weihnachten eigentlich immer mit so einer Hektik verbunden?", fragte sie und rannte von einem Schrank zum anderen. Janine machte sich eine Tasse Tee und ging dann kopfschüttelnd zurück in ihr Zimmer. Kaum hatte sie sich an den Computertisch gesetzt, war sie mit ihren Gedanken wieder voll und ganz bei ihrer Geschichte. Sie konnte es nun kaum noch erwarten, über den Magier Salvatore Rommilius zu schreiben.

Kaum waren die Kinder in Barcelona angekommen, begann auch schon das Staunen. Sie standen mitten auf einer breiten Straße, die von historischen Gebäuden eingerahmt war. Viele Menschen liefen auf den Gehwegen umher, unterhielten sich lautstark oder kauften Lebensmittel an einem der vielen Verkaufsstände. Eine Gruppe von Jugendlichen starrte die Kinder verblüfft an. - Wahrscheinlich lag das an den auffällig winterlichen Klamotten der sechs Freunde, denn hier waren es noch sommerliche fünfzehn Grad.

"Das müssen wir wohl noch etwas üben. Eigentlich sollten wir bei jedem Wunsch perfekt an die jeweiligen Umstände angepasst sein." Natascha erinnerte sich an ihren ersten selbständigen Wunsch, als sie in der molligen Thermokleidung in ihrem Zimmer gelandet war, kurz bevor ihr Vater hereinkam.

Philipp ging nicht darauf ein. "Wir müssen schnell eine Schule suchen! Und außerdem wünsche ich mir jetzt, dass ich Spanisch sprechen kann." Gewünscht - erfüllt! Und während er noch überlegte, was er sagen könnte, fiel ihm auf, dass er auf Spanisch dachte. Konnte er überhaupt noch Deutsch sprechen?

"Wünscht euch auch, Spanisch zu sprechen. Los, das ist irre! Ich denke sogar schon in dieser Sprache!", sagte er aufgeregt, während er seinen dicken Winterpulli abstreifte. Und nach einem kleinen Moment fügte er hinzu: "Deutsch kommt mir irgendwie so fremd vor!" Er flippte fast aus, so erstaunt war er.

Als die anderen schließlich auch Spanisch sprechen konnten, wollten sie sofort miteinander plaudern. Frederike aber war noch nicht so ganz überzeugt, dass es wirklich Spanisch war, was sie da sprachen. Also ging sie geradewegs auf ein Zwillingspaar zu und fragte in der fremden Sprache, ob sie Zwillinge seien. Diese Frage war natürlich überflüssig, aber die Zwillinge beteuerten: "Si, si!" und unterhielten sich angeregt mit Frederike. Sie konnte ausfindig machen, wo sich die nächste Grundschule befand. Die sechs Freunde machten sich auf den Weg dorthin.

In Zazuku war im Moment keine besonders gute Stimmung. Die Bewohner versuchten aber trotzdem fröhlich zu sein, obwohl sie zutiefst unzufrieden und missmutig waren. Nicht einmal mehr der Weihnachtsmann schaffte es, zuversichtlich zu sein. Die Glückskuppel war schon fast vollkommen zerstört.

"Wir müssen etwas unternehmen!", sagte Du zum Weihnachtsmann. "Wir werden auf der Stelle zum Magier marschieren! Und ich gehöre zu den Freiwilligen, die hinauf auf den Gipfel zu ihm steigen, denn immerhin ist ja alles meine Schuld."

Der Weihnachtmann trommelte daraufhin alle Bewohner Zazukus zusammen, um Freiwillige zu ermitteln. Es meldeten sich noch drei Trolle, zwei Zwerge und zwei Feen. Es wollten auch einige Engel mitkommen, doch diese wurden dringend in der Werkstatt gebraucht. Denn trotz all dem Leid der Stadt, durfte man die Geschenke für die Kinder natürlich nicht vergessen.

Eine knappe Stunde später machte sich die Truppe auf den Weg. Ein Hindernis erschwerte die Reise jedoch: Bei dem Magier waren Zaubergegenstände aller Art verboten, also mussten die acht Mutigen sich in problematischen Situationen selbst weiterhelfen. Vor ihnen lag ein langer, mühsamer und gefährlicher Weg.

"Essen ist fertig!", rief Janines Mutter. Janine schreckte hoch. Sie war völlig in ihre Geschichte vertieft gewesen. Nun speicherte sie ihren Text und machte den Computer aus. Dann ging sie in die Küche. Es gab Kartoffelsalat und Würstchen, genau wie jeden Mittag am Weihnachtstag. Nach dem leckeren Essen warf Janine einen Blick in die Fernsehzeitung. Heute sollten so tolle Filme im Fernsehen kommen! Eigentlich hatte sie ja gar keine Zeit, aber der "Unendlichen Geschichte" konnte sie nicht widerstehen. Zusammen mit ihren Eltern sah sie sich noch die restliche halbe Stunde des Films an.

Danach ging jeder wieder seiner Arbeit nach. Mittlerweile war es 13 Uhr. Janine hatte noch ungefähr vier oder fünf Stunden Zeit zum Schreiben.

"Hätte ich bloß den Film nicht geguckt. Jetzt schaffe ich es vielleicht nicht, die Geschichte bis heute abend fertig zu tippen!" Janine lief schnell in ihr Zimmer, schaltete den Computer an und fuhr mit dem Schreiben fort.

Natascha wusste natürlich nichts von den zunehmenden Problemen in Zazuku. Ihre Freunde waren genauso ahnungslos wie sie. Gerade standen sie vor einer Grundschule. Philipp war schon hinein gegangen, um mit dem Direktor zu reden. Zehn Minuten später kam er wieder heraus und erklärte seinen Freunden auf Spanisch, dass sie sofort hereinkommen könnten. Philipp hatte dem Direktor nämlich erzählt, dass sie zu einer Schule aus der Stadt Zaragoza gehörten und in Gruppen eingeteilt waren, von denen jede in eine andere Schule ginge, um sich nach dem Schulsystem und nach Unterrichtsmethoden zu erkundigen. Der Direktor fand es zwar sehr ungewöhnlich, dass ein solches Projekt nicht von älteren Schülern durchgeführt wurde. Aber er stellte keine weiteren Fragen.

Ein paar Minuten später wurden sie in eine Klasse geschickt. Dort unterrichtete eine Lehrerin namens Gonzalez. Die sechs Freunde durften sich an eine Tischgruppe in einer Ecke setzen. Als der Unterricht begann, machten sie sich ein paar Notizen, natürlich nur, um den Schein zu wahren.

"Langsam müssen wir aber zur Sache kommen! Ich glaube, ich hab sogar eine Idee", sagte Tanja. Kurz darauf hielt sie ihren Glücksstern versteckt unter dem Tisch in den Händen und wünschte sich etwas. Auf die Frage ihrer Freunde, was nun passieren würde, antwortete sie nur, sie sollten noch einen Moment abwarten. Plötzlich stand die Lehrerin unerwartet schnell auf und sagte, sie müsse einmal kurz auf die Toilette.

"Ich habe dafür gesorgt, dass sie eine Weile weg bleibt. Aber Zeit spielt ja sowieso keine Rolle. Kommt, wir gehen nach vorne!"

Die acht- und neunjährigen Kinder wunderten sich natürlich, als plötzlich diese "Möchtegern-Lehrer" vor ihnen standen. Sie lachten, schrieen und liefen durch den Raum. Niemand wollte auf die sechs Freunde hören.

"Ipaz!", schrie Natascha. Sie wollte für Ruhe sorgen. Aber keines der Kinder hörte darauf.

"Dann müssen wir es uns eben wünschen." Und bevor sie sich versahen, saßen alle Schüler wieder brav und friedlich auf ihren Plätzen. Natascha räusperte sich. Sie begann auf Spanisch zu erzählen: "Also hört mal gut her. Gleich werden wir euch etwas Einmaliges zeigen. Aber bitte bleibt ruhig und erschreckt euch nicht."

Doch schon kurz darauf mussten die Freunde feststellen, dass keines der Kinder auch nur im Geringsten daran dachte, ruhig zu bleiben. Alle waren so verängstigt, als sie mitten in dieser fremden und außergewöhnlichen Stadt standen, dass ihre "Entführer" es nur durch einen erneuten Wunsch schafften, sie zu beruhigen. Die sechs Freunde waren sichtlich zufrieden - immerhin hatten sie es geschafft, 20 Kinder in die Stadt der Weihnacht zu bringen. Vor allem Natascha hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht. Doch stattdessen erklärte sie ihren Schützlingen alles Nötige.

Als sie auf den Weihnachtsmann trafen, versuchte dieser seine Unruhe zu verbergen. Denn er wollte sein Unglück nicht auch noch auf Natascha und ihre Freunde übertragen, weil jeder, der einen Glücksstern besaß oder sich in Zazuku aufhielt, einen Einfluss auf das Wohlbefinden der Glückskuppel haben konnte. Dann sprach er auf Spanisch zu den Schülern, zeigte ihnen die Stadt und verabschiedete sich bald wieder. Aber noch bevor er sich zurückziehen konnte, fragte Natascha ihn, wo Du sei.

Er antwortete zögernd: "Du ist auf den Weg zum Magier Salvatore Rommilius." Natascha konnte sich darunter absolut nichts vorstellen. Mehr wollte der pausbäckige Mann ihr aber auch nicht verraten. Kurz darauf wünschten die sechs Freunde sich wieder in die spanische Schule.

Der Wunsch, dass die Kinder nichts von ihrem Erlebnis erzählen würden, wurde mit Sicherheit erfüllt. Und bevor die Lehrerin in den Klassenraum zurückkehrte, waren die angeblichen Besucher aus Zaragoza schon wieder in einer anderen Klasse, schickten den Lehrer auf die gleiche Weise nach draußen und zauberten mehr als zwanzig Kinder nach Zazuku. Es lief erneut alles tadellos. Auch diesmal erklärte der Weihnachtsmann wieder ein wenig zu seiner Stadt und zeigte den erstaunten Kindern die schönsten Orte. Dann kehrten sie nach Barcelona zurück.

Bei der dritten, vierten und fünften Klasse lief alles genauso gut. Aber als sie auf dem Weg zur nächsten Klasse waren, kam ihnen der Direktor entgegen. Er war sehr sauer und erklärte, dass er es nicht für richtig hielt, dass die Freunde nacheinander in verschiedene Klassen gingen, obwohl nur eine einzige vereinbart gewesen war. Außerdem hielt er es für eine Frechheit, sich nicht von den Lehrern der einzelnen Klassen abzumelden. Diese seien nämlich nacheinander zu ihm gekommen und hätten nach den Testschülern aus Zaragoza gefragt.

Mit hängenden Köpfen verließen sie die Schule. Sie hatten sich etliche Male bei dem Direktor entschuldigt, - die Situation war ihnen sichtlich unangenehm.

Bald standen sie wieder auf dem Marktplatz. Sie beratschlagten, was nun zu tun sei. Der Vorschlag von Philipp war, sich wieder nachhause zu begeben.

"Wir haben immerhin hundertacht Kinder nach Zazuku gebracht!", sagte er. Aber Natascha war das noch nicht genug. Sie wollte noch in eine andere Schule. Nach einer kurzen Diskussion waren alle einverstanden, dass sie eine andere Grundschule in einem anderen Stadtteil Barcelonas aufsuchten.

Frederike und Natascha baten Passanten um Auskunft. Doch niemand konnte ihnen eine andere Grundschule nennen. Also erkundigten sie sich bei einem Touristenführer, der gerade mit seiner Gruppe sprach. Er war sehr freundlich und überreichte ihnen einen Stadtplan von Barcelona. Darauf war jede Schule eingezeichnet. Sie entschieden sich für eine Grundschule, etwas außerhalb der Innenstadt gelegen.

Die Kinder genossen es, in der angenehmen Nachmittagssonne durch die belebten Straßen Barcelonas zu spazieren. Sie wurden oft von Verkäufern und Bettlern angesprochen - diese wichen aber jedes Mal erstaunt zurück, als sie hörten, dass die Kinder perfekt Spanisch sprachen.

Der Direktor der nächsten Schule war sehr freundlich und bat die Kinder einzutreten, um erst einmal alles mit ihnen besprechen zu können. Nicole erklärte, sie wollten nach Möglichkeit gerne in verschiedene Klassen hineingehen, um zu testen, wie unterschiedlich sich die Lehrer verhielten. Kurze Zeit später wurden sie in ein Klassenzimmer geführt. Die Schüler begrüßten sie, genau wie der Lehrer, sehr freundlich. Und kurz nach Beginn der Stunde, die die letzte des Tages war, fingen sie an, sich provisorische Notizen zu machen.

Fünf Minuten später verließ der Lehrer plötzlich den Raum. Und nun konnte der bereits routinierte "Entführungsakt" von Neuem beginnen. Es lief alles noch besser als in der ersten Schule, da die Kinder aufmerksamer zuhörten und nicht so verängstigt zu sein schienen. Sofort machte sich die Truppe auf den Weg zum Weihnachtsmann. Dieser war sehr verwundert, dass Natascha es geschafft hatte, noch weitere Kinder in die Weihnachtsstadt zu bringen.

"Engel Elias führt eine Strichliste. Darauf hat er vermerkt, wie viele Kinder seit dem Verlust von Dus Stern nach Zazuku gebracht worden sind. Natascha, von dir und deinen Freunden haben wir hundertfünfunddreißig. Und die Trolle und Zwerge haben es geschafft, sechsundneunzig Kinder herzubringen. Das sind insgesamt zweihunderteinunddreißig! Ihr leistet tolle Arbeit." Der Weihnachtsmann schien richtig glücklich zu sein. Doch dann fügte er mit hängendem Kopf hinzu: "Ach, wäre Du mit seiner Truppe bloß noch nicht losgezogen. Dann hätten sie sich über diese Nachricht so sehr gefreut, dass es keine Trauer mehr in diesem Ausmaß gäbe. Sie wären dann nämlich nicht in so großer Not wie jetzt!"

Natascha verstand nicht richtig, wovon er sprach. Sie blickte den alten, runden Mann irritiert an.

"Na gut, du kannst es ja wissen. Also, es ist so: Die Glückskuppel hat nun vollkommen nachgegeben. Du ist mit ein paar Trollen und Zwergen zum Magier Salvatore Rommilius gegangen, um Hilfe zu holen. Denn der Magier ist sehr mächtig. Aber um zu ihm zu gelangen, muss man erst durch das Teufelsmoor und durch das Labyrinth der Dunkelheit. Es hört sich grausam an und jeder denkt, mein alter Kumpel Salvatore sei sehr böse. Aber er ist ein liebenswürdiger Mensch. Außerdem lässt er jeden, der wirklich Hilfe braucht, das Labyrinth bestehen. Nur durch das Moor muss man sich selbst kämpfen." Der Weihnachtsmann beendete seine Rede. Natascha war beunruhigt. Sie wollte Du und der Stadt Zazuku helfen. Aber wie?

5. Rettung

Janine schaute auf die Uhr. Es war schon fast 15 Uhr. Wie gern hätte sie sich und ihre überanstrengten Augen ein wenig ausgeruht. Aber sie musste noch so viel schreiben! Wenn sie in diesem Tempo weiterschrieb, bräuchte sie bestimmt noch fünf Stunden, um die Geschichte zu beenden.

"Ich habe drei Möglichkeiten: Entweder ich gebe meinen Eltern den Rest auf den handgeschriebenen Seiten, ich spreche es ihnen auf Kassette, oder ich gehe zu jemandem, der schnell auf dem Computer schreiben und dem ich alles diktieren kann." Janine fand die letzte Idee am besten. Plötzlich fiel ihr ihre Tante Gisela ein. Diese konnte schnell tippen und hatte für einen Besuch ihrer Nichte eigentlich immer Zeit. Janine zog sich schnell an, nahm ihren Ordner mit den Seiten und verabschiedete sich von ihren verblüfften Eltern. Und noch bevor die Verwunderung sich in Ärger umwandeln konnte, hatte Janine die Tür hinter sich geschlossen.

Zwanzig Minuten später hatte sie sich durch die Kälte gekämpft und klingelte bei ihrer Tante. Diese freute sich sehr über Janines Besuch. Und als ihre Nichte ihr alles erzählt hatte, erklärte sie sich bereit, ihr beim Tippen zu helfen. Kurz darauf saß ihre Tante am Computer. Janine saß daneben und begann mit dem Diktieren.

"Besteht noch eine Möglichkeit, dass ich Du einholen kann? Bitte! Ich will doch nicht, dass seine Truppe wegen mir in Gefahr gerät. Was ist, wenn sie im Moor festsitzen? Ich spüre, dass etwas passiert ist! Der Stern hat es mir gezeigt. Können wir nicht einen zweiten Trupp bilden? Gerade eben, als wir diese Klasse herbrachten, erschien Dus verzweifeltes Gesicht auf der Oberfläche meines Sternes." Natascha machte eine vielsagende Pause. Dann fuhr sie fort: "Ich muss zu ihnen, Weihnachtsmann, bitte!" Sie war sehr sichtlich beunruhigt. Der Weihnachtsmann blickte das Mädchen verständnisvoll, aber zugleich auch etwas skeptisch an. Dann zog er seinen Glücksstern hervor und wünschte sich etwas. Natascha war klar, dass er den Wunsch ausgesprochen hatte, Du und den Rest der Truppe zu sehen.

Kurz darauf sagte er: "Sie sind wirklich in Schwierigkeiten. Sie stecken im Moor fest. Wir müssen sofort los, um ihnen zu helfen." Der Weihnachtsmann zögerte nun keine Sekunde mehr. Er trommelte seine Helfer zusammen und bildete einen zweiten Suchtrupp. Dieser bestand aus vier Trollen, drei Zwergen, und zur Beunruhigung des Weihnachtsmannes, aus Natascha. Sie hatte darauf bestanden, mitzugehen. Nachdem sie ihre Glückssterne abgelegt hatten, marschierten sie, in dicke Kleidung eingehüllt und mit Verpflegung ausgerüstet, los. Einer der Trolle, ein guter Freund von Du, war der Anführer. Er lief voran und gab die Anweisungen. Zuerst mussten sie ein weites Gebiet aus Eis und Schnee durchqueren. Diese karge Wüste schien endlos; an manchen Stellen markierte ein einsamer Fels ihren Weg. Nach ungefähr einer Stunde tat sich vor der Truppe in der Ferne ein dunkler Fleck auf, der mit jedem Schritt ein wenig an Größe und Form zunahm. Es war ein dichter Wald, der sich über zwei Berge erstreckte. Hinter dem ersten Gipfel befanden sich das Moor und das Labyrinth. Mitten auf dem zweiten Berg stand das Schloss des Magiers. Es lag noch ein weiter Weg vor ihnen.

Währendessen zehn Kilometer weiter: Du und seine Truppe schwebten in größter Gefahr. Soeben hatten sie sich durch einen besonders tückischen Sumpf gekämpft. Aber nun saßen sie auf einem winzigen Stück Land fest. Wohin sie auch blickten - überall befand sich dunkles Schlammgewässer, das einige Meter tief war. Die Dunkelheit erschwerte die Situation erheblich. Zu allem Überfluss waren ein Troll und die beiden Zwerge unterkühlt und verletzt. Aber da sie unbedingt Hilfe brauchten, beschloss Du, sich trotz der Gefahr des Einsinkens auf den etwas kürzeren Rückweg nach Zazuku zu machen. Er wollte die drei Kranken nicht alleine lassen. Also ließ er die beiden Feen bei ihnen und ging kurz darauf mit den Trollen zusammen los.

Der zweite Trupp war auch schon sehr erschöpft. Die Kälte war beißend, der Wind gnadenlos. Natascha aber ließ sich nichts anmerken. Denn die Angst, Du nicht zu finden, trieb sie weiterhin an, ließ sie schneller laufen und war stärker als jeglicher Drang nach einer Rast. Bald erreichten sie die erste Anhöhe. Mühsam kämpften sie sich den felsigen Berg hinauf. Er war sehr steil, deshalb bestand die Gefahr, dass sie auf dem nassen Waldboden ausrutschten und den Hang hinunterfielen. Doch das Sicherheitsseil, das sie miteinander verband, erleichterte es jedem von ihnen, seinen Halt nach einem kurzen Ausrutscher wiederzuerlangen. Sie erreichten die Bergspitze, noch bevor es richtig dunkel wurde. Und gerade, als sie sich an den Abstieg machen wollten, hörten sie Hilferufe.

Der Weihnachtsmann hatte sich in den letzten Stunden um die fünf Freunde gekümmert. Die Schulklasse war längst wieder zurück in ihrer Schule. Nun hatten Nataschas Freunde alles andere als Langeweile. Ihnen wurde nämlich das einmalige Angebot gemacht, den Engeln bei der Herstellung der Geschenke zuzusehen. Zwischendurch wurden sie um kleine Gefallen gebeten, die sie mit Freude und Eifer erledigten. Sie merkten zwar, dass hier jeder unglücklich war, und sie wussten auch, warum; aber sie vertrauten ganz auf Du und Natascha. Der Stadt tat es gut, dass jemand so für Stimmung sorgte, wie die Kinder. Die Engel in der Weihnachtswerkstatt sangen laut und fröhlich mit ihnen zusammen. Tatsächlich verkleinerte sich das klaffende Loch in der Glückskuppel in diesem unbeschwerten Moment ein wenig. Der Weihnachtsmann, der bisher sehr unglücklich gewesen war, hatte sich soeben von seinem Glücksstern gewünscht, ihm die beiden Suchtrupps zu zeigen. Das Gesicht des alten Mannes hellte sich auf, als er sah, wie Natascha mit ausgestreckten Armen auf Du zulief...

"Du, Du!", rief sie. "Ich bin so froh, dass wir euch gefunden haben. Aber wo sind die anderen?"

"Sie sitzen im Moor fest. Schnell, kommt, sie brauchen Hilfe." Du war erleichtert, dass er nun nicht mehr den weiten Weg nach Zazuku laufen musste, um Hilfe zu holen.

Bald waren Du und drei weitere Trolle auf die kleine feuchte Insel geklettert, auf der die anderen warteten. Die beiden Zwerge konnten sich noch auf den Beinen halten, aber der Troll war stark unterkühlt und zu schwach, um zu laufen. Du und ein weiterer Troll trugen ihn auf der mitgebrachten Holztrage an das andere Ufer, wo Natascha bereits wartete. Nach und nach kamen alle ans sichere Ufer. Dort wurden sie erst einmal in Decken eingewickelt und mit warmem Tee versorgt. Natascha und die Feen suchten nach einem geeigneten Platz für ein Nachtlager. Bald wurden sie fündig und holten den Rest der Mannschaft. Sie entzündeten ein Lagerfeuer, betteten die Kranken nahe der wärmenden Flammen und besprachen den Weg, der noch vor ihnen lag. Abbrechen wollten sie den Marsch auf keinen Fall. Zazuku schwebte in zu großer Gefahr.

Nach einer kurzen Erholungspause bildete Du eine neue Gruppe. Er, drei Trolle und zwei Zwerge sollten den Weg zum Magier fortsetzen. Natascha ließ sich nicht davon abbringen, auch mitzukommen. Du erlaubte es schweren Herzens. Kurz darauf liefen sie los und ließen die anderen hinter sich, welche kurz darauf in die entgegengesetzte Richtung, nach Zazuku, aufbrachen.

Das Klingeln des Telefons ließ Janines Tante aufschrecken. Sie lief schnell in ihr Wohnzimmer und brachte Janine kurz darauf den Hörer. Es war ihre Mutter.

"Hallo, Janine. Ich wollte fragen, ob du dich am Weihnachtsabend vielleicht auch noch mal zuhause blicken lässt?"

"Ach, Mama. Wir essen doch sowieso erst um 19 Uhr. Ich kann doch eine Stunde davor kommen."

Ihr Mutter seufzte. "Ist in Ordnung. Aber je früher du kommst, desto besser."

Janine legte auf. Sie wandte sich wieder ihrer Tante zu: "Na dann mal los. Es geht weiter."

Es war sehr schwierig, immer auf die richtigen Grasbüschel und Wurzeln zu treten. Viele von ihnen befanden sich auf weichem Untergrund und die Dunkelheit der Nacht erschwerte die Umstände. Oft sank einer von ihnen knöchel- bis knietief im Moor ein und die anderen zogen ihn dann wieder heraus. Die Anstrengung zerrte an ihren erschöpften Körpern. Deshalb waren sie alle erleichtert, als der Boden unter ihren Füßen allmählich fester wurde und sie bald darauf ein großes Schild erblickten. Die Schrift darauf war schwer zu erkennen, aber als sie nah davor standen und mit einem Tuch über die Tafel wischten, konnten sie die Worte "Das Labyrinth der Dunkelheit" entziffern. Darunter stand noch etwas kleiner der Name des Magiers geschrieben. Kurz darauf betrat die Truppe unsicher das Labyrinth.

Sie gingen durch einen engen Gang. Zu beiden Seiten war er von gewaltigen Mauern eingerahmt, über die man aufgrund ihrer Glätte und der nicht enden wollenden Höhe nicht hinwegklettern konnte. Bald erreichten sie eine Kreuzung. Links, rechts und in einer Öffnung im Boden, an die eine Treppe mündete, taten sich weitere Gänge auf. Welchen Weg sollten sie wählen? Sollten sie sich vielleicht trennen? Nein, auf keinen Fall. Sie mussten zusammen bleiben. Plötzlich hatte Natascha eine Idee. "Was haltet ihr davon, wenn wir einen Pullover auftrennen? Dann haben wir einen langen Faden, den wir hier irgendwo festbinden und hinter uns herziehen können. Wenn wir den falschen Weg gehen, finden wir wieder zurück."

"Aber was ist, wenn der Faden reisst? Ich glaube, wir sollten besser unsere Kreidestifte benutzen, um an jeder Kreuzung ein Zeichen zu malen." Jeder war mit dem Vorschlag des grünhaarigen Trolls einverstanden. Er nahm zwei Kreidestücke aus dem Rucksack und verteilte sie an Natascha und einen Zwerg. Dann stimmten sie ab, welchen Weg sie gehen sollten. Keiner wollte die Treppe hinunter, denn dort war es dunkel, und sie hatten nur wenige Lampen. Also entschieden sie sich, den linken Weg einzuschlagen.

Währenddessen waren die Bewohner Zazukus damit beschäftigt, weitere Kinder in die Stadt zu bringen. Natürlich halfen auch Carolin, Frederike, Tanja, Nicole und Philipp eifrig mit. Sie hatten bereits weitere Schulklassen aus Barcelona in die Weihnachtsstadt gebracht. Bei der ersten Zählung waren es zweihunderteinunddreißig Kinder gewesen. Wenn man jetzt noch die Leistung der fünf Freunde hinzuzählte, waren es dreihundertvierzehn. Und auch die Trolle und Zwerge hatten gute Arbeit geleistet.

"Vierhundertsiebenundzwanzig!", Nicole war beeindruckt. "Bald sind es sechshundertsechsundsechzig Kinder und Du darf seinen Stern in Notfällen benutzen. Lasst uns gleich zum Weihnachtsmann gehen und ihm davon erzählen."

Dieser wusste natürlich schon von dem tollen Ereignis. Und er schaffte es sogar, die ohnehin schon strahlenden Freunde noch glücklicher zu machen: "Der Riss in der Glückskuppel hat sich deutlich verkleinert! Ach, wäre Du bloß nicht losgezogen." Schließlich fügte er erleichtert hinzu: "Aber es geht ihnen gut. Du ist mit Natascha und ein paar Begleitern schon im Labyrinth der Dunkelheit. Der Rest kommt mit dem verletzten Troll in ungefähr einer Stunde zurück."

Schon bald darauf kehrte die Truppe zurück. Ihnen ging es wieder gut, sogar der kranke Troll konnte über die erfreuliche Nachricht ein wenig lächeln.

Im Labyrinth verlief sich die Truppe nicht oft. Und wenn es doch einmal passierte, dann halfen ihnen die Markierungen an der Mauer, den Weg zurück zu finden. Zwischendurch gab es nämlich einige Sackgassen: Große Felsblöcke und scheinbar bodenlose Löcher blockierten die schmalen Wege. Schließlich kamen sie an eine Treppe. Vorsichtig, aber dennoch hoffnungsvoll gingen sie die Stufen hinauf. Und tatsächlich: Sie hatten es endlich geschafft. Vor ihnen ragte ein riesiges, weißes Schloss prunkvoll in den Himmel. Es war gewaltig und furchteinflößend, aber zugleich auch wunderschön. In dem Moment, als sie die große Pforte öffneten, die zu einem gigantischen Park führte, kam die Sonne hinter einem der Türme hervor und spendete an diesem kalten Wintermorgen ein wenig Wärme. Jetzt im Nachhinein wurde ihnen bewusst, dass das Labyrinth beheizt sein musste, - denn es war dort behaglich warm gewesen. Nun stiegen sie die Anhöhe hinauf zum Schloss des Magiers Salvatore Rommilius.

Ihre Tante legte gerade eine Pause ein, deshalb nutzte Janine die Gelegenheit, sie um ein erstes Urteil zu bitten. Diese fand die Geschichte hervorragend, obwohl sie nur diesen kurzen Abschnitt kannte. Janine war stolz. Sie erzählte ihrer Tante noch von dem Magier, der nun zum Geschehen hinzu stoßen sollte. Nebenbei schaute sie auf die Uhr. 16.30 Uhr! Sie hatte noch gute Chancen, es bis zum Abend zu schaffen. Janine erinnerte sich unweigerlich auch wieder an Dus Ermahnung aus ihrem Traum. Hatte er wirklich zu ihr gesprochen? Sie bezweifelte es. Aber trotzdem. Seine Stimme hatte so wirklich geklungen...

"Janine, hör auf zu träumen! Du sagst doch selbst, dass wir uns beeilen müssen. Also, lies vor."

Eilig gingen sie den langen Weg hinauf zum Schloss. Als sie an der gewaltigen Holztür angekommen waren, traute sich keiner so recht anzuklopfen. Der Magier war zwar ein Freund vom Weihnachtsmann und er sollte ein freundlicher, liebenswürdiger Mensch sein - aber sie hatten ihn noch nie gesehen und wussten auch nichts über ihn. Denn jemand, der sein Schloss vor dem Teufelsmoor baute und sich dann auch noch ein so tückisches Labyrinth anlegte, musste doch wohl eine gewisse Abneigung gegen Fremde haben.

Schließlich trat einer der Zwerge hervor und klopfte. Die große Tür sprang wie von Geisterhand geöffnet auf. Sie zögerten. Keiner von ihnen wagte den ersten Schritt. Der Raum vor ihnen war stockfinster. Natascha nahm Du an die Hand und gemeinsam machten sie einen Schritt in die Dunkelheit hinein. Plötzlich wurde der Saal, in dem sie standen, von einem sehr hellen Licht erfüllt. Dieses Licht erinnerte Natascha an das Licht der Weihnacht. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.

"Was verschafft mir die Ehre?", hörte die verängstigte Truppe eine laute, dunkle Stimme sagen. Du fasste den Mut, zu reden.

"Wir..." Weiter kam er nicht. Ihm wurde das Wort abgeschnitten.

"Ich bin der Magier Salvatore Rommilius. Wie ich sehe, seid ihr durch das Moor gekommen." Sie sahen an sich herunter. Getrockneter Schlamm klebte an ihrer Kleidung.

"Falls ihr aus der Stadt Zazuku kommt, seid ihr herzlich willkommen. Ansonsten aber..." Diese halbausgesprochene Drohung verfehlte ihre Absicht keineswegs. Die Truppe zuckte vor Schreck zusammen und sah verängstigt umher. Noch immer konnten sie nicht ausmachen, aus welcher Richtung die Stimme kam. Du versuchte erneut, etwas zu sagen, aber da flüsterte ihm ein Zwerg einen Vorschlag ins Ohr. Du schüttelte als Antwort heftig den Kopf. Der Magier sah dies als Verneinung seiner Vermutung an. Er wurde wütend.

"Was wollt ihr dann hier? Jeder weiß, ich bin unberechenbar, wenn ich wütend werde. Also verschwindet und wagt euch nie wieder hierher!" Er brüllte so laut, dass das gewaltige Echo seiner Stimme immer und immer wieder von den großen Wänden des Saales hallte. Die verängstigte Truppe stolperte zurück zur Tür, als Natascha das Problem erkannte. Laut rief sie: "Der Weihnachtsmann schickt uns. Wir haben Probleme in Zazuku. Helfen Sie uns."

Plötzlich wurde es still. Natascha hörte das rasche Atmen ihrer Begleiter, während ihr eigenes Herz raste und sie es kaum wagte, Luft zu holen. Und dann trat der mächtige Magier zaghaft hinter einer prunkvollen Säule hervor, die einen geschwungenen, marmornen Treppenaufgang abschloss. Seine Stimme klang jetzt leiser und ein wenig verunsichert.

"Ihr kommt vom Weihnachtsmann? Wirklich? Wieso habt ihr das denn nicht gleich gesagt? Es tut mir leid, wenn ich euch erschreckt haben sollte. Aber ich wusste ja nicht..." Etwas verlegen blickte er auf die Spitzen seiner schwarzen Stiefel. Er fegte sich einen Fussel von seinem Umhang und blickte von Du zu Natascha, von Natascha zu den Trollen, von den Trollen zu den Zwergen.

"Es gibt Probleme in Zazuku? Kommt mit in meinen Salon. Da könnt ihr euch am Kamin aufwärmen und erst einmal etwas essen. Dabei müsst ihr aber alles ganz genau erzählen."

Er führte die erstaunte Truppe in einen anderen, noch größeren und sehr gemütlichen Raum. Sie setzten sich an einen langen, braunen Tisch, an dessen Kopfende der Magier Platz nahm. Innerhalb von wenigen Minuten standen große Teller mit einer leckeren heißen Suppe vor ihnen.

"Also dann mal raus mit euren Problemen." Schlürfend sah der Magier die kleinen Wesen um sich herum an. Du begann zu erzählen. Während der Troll die Probleme Zazukus möglichst dramatisch schilderte, verhielt Natascha sich ungewöhnlich ruhig. Sie dachte an den vorigen Tag. Da hatte sie nämlich noch ein ganz normales Leben geführt. Als sie sich jetzt das Gesicht des Magiers ansah, erblickte sie in seinen Augen Furcht.

"Ist es wirklich so schlimm?", fragte er schockiert. "Natürlich kann ich helfen. Aber es liegt auch an euch, ob ihr glücklich sein und bleiben könnt. Ich muss zwar das Glück herbeizaubern, aber ihr müsst zulassen, dass es in euch hinein und am besten nie wieder hinauskommt." Er blickte eindringlich in die Runde. Es wird nicht viel Glück sein, doch gerade genug, dass ihr nicht unglücklich sein könnt. Ihr habt natürlich die Möglichkeit, euer Glück zu steigern." Der Magier hörte auf zu sprechen. Er blickte Du an.

"Ich glaube, wir sollten sofort nach Zazuku aufbrechen. Vielleicht ist die Situation gar nicht mehr so schlimm und es könnte ja sogar schon wieder ein neuer Stern für Du bereitliegen. Ich muss mir erst einmal alles genau ansehen. Denn wenn ich ohne genaue Angaben etwas zaubere, dann kann die Sache ganz schnell in den Zaubermantel gehen." Natascha blickte bei diesen Worten auf den samtenen, schwarzblauen Mantel des Magiers und musste lächeln.

"Na, dann mal los. Wir können meinen "Rommilius-Magicus-Raketenschlitten" nehmen." Kurz darauf saßen sie alle in dem modernen Schlitten, der einem übergroßen Schneemobil glich. Der Magier drückte auf einen blauen Knopf und schon ging es los. Der Schlitten hob ab, schwebte nach oben - immer höher und höher. Irgendwann, als sie die Spitzen der Bäume längst hinter sich gelassen hatten, steuerte er in Richtung Zazuku. Sie überflogen das Schloss, das riesige Labyrinth, das Moor, die dunklen lebendigen Wälder und zum Schluss die wunderschöne, scheinbar endlose Schneewüste. Die Sonne verstärkte die wunderbaren Eindrücke nur noch mehr und ihre Strahlen boten einen einmaligen Kontrast zum reinen Weiß des Schneeteppichs. Bald sahen die Reisenden ganz weit draußen die Umrisse einer kleinen Stadt. Es war Zazuku.

"Endlich sehe ich die Stadt meiner Träume wieder", sagte der Magier gedankenverloren. Verträumt überflog er einen Teil der Stadt und landete dann schließlich vor dem Haus des Weihnachtsmannes. Die Landung verlief sehr sanft, ohne auch nur ein Flöckchen Schnee aufzuwirbeln. Der Weihnachtsmann stand schon vor seiner Tür und winkte. Er strahlte, denn obwohl er wusste, dass sein Freund Salvatore eigentlich unnötig gekommen war, weil alle Bewohner wieder glücklich und die Glückskuppel nur noch ein wenig zerrissen war, freute er sich doch sehr über den Besuch.

"Salvatore!" Kaum war der Magier aus seinem Schlitten gestiegen, da hatte ihn der Weihnachtsmann auch schon stürmisch umarmt.

"Na dann, mein alter Freund. Was kann ich für euch tun?" Der Magier sah ihn ernst an. Doch als er in die glücklichen Augen des pausbäckigen Mannes sah, erkannte er, dass die Situation gar nicht mehr so schlimm sein konnte.

Kurz nachdem sie es sich alle in dem Wohnzimmer des Hauses gemütlich gemacht hatten, schilderte der Weihnachtsmann die Situation.

"Ach, alles halb so wild", antwortete der Magier schließlich. "Ich werde diesen kleinen Zauber schnell hinter mich bringen."

"Eine gute Idee", fanden alle Anwesenden. Kurz darauf rief der Weihnachtsmann zu einer Versammlung auf. Als sich sämtliche Bewohner Zazukus vor dem Haus des alten Mannes eingefunden hatten, begann der Magier zu sprechen.

"Wie ihr alle wisst, gibt es hier ein kleines Problem mit eurer Zufriedenheit und der Glückskuppel", fing er an. "Ich glaube zwar, dass ihr schon wieder relativ glücklich seid. Aber ich habe den Auftrag vom Weihnachtsmann bekommen, der Unzufriedenheit vorzubeugen. Also werde ich euch eine Glücksimpfung verpassen. Jedes Jahr komme ich erneut in eure Stadt und frische sie durch einen Zauberspruch wieder auf. So seid ihr vor jeglicher ungesunder Art von Hass, Trauer und Unwohlsein geschützt. Eure Kuppel wird natürlich unter diesen Umständen intakt bleiben." Der Magier machte eine Pause. Nun meldete sich der Weihnachtsmann zu Wort: "Gleich werdet ihr durch den Zauber meines Freundes für ein paar Minuten einschlafen. Danach ist alles wieder in Ordnung. Aber...", der Weihnachtsmann machte eine vielsagende Pause, "...zuvor müssen wir noch etwas feiern. Wir haben es geschafft, genau sechshundertsechsundsechzig Kinder seit dem Verlust von Dus Stern nach Zazuku zu bringen und sie für Wunder wieder empfänglich zu machen. Da Du nicht anwesend war, konnten wir ihm bei dem dreihundertdreiunddreißigsten Kind keinen neuen überreichen. Also holen wir das jetzt nach. Herzlichen Glückwunsch, Du!"

Zuerst breitete sich ein Ausdruck des Erstaunens auf dem Gesicht des Trolls aus; dann wandelte er sich in ein breites, zufriedenes Grinsen. Mit strahlenden Augen nahm er den Stern entgegen und sprach noch ein paar Worte zu dem Publikum.

Dann war der Magier wieder an der Reihe. Leise sprach er eine Zauberformel, und kurz darauf fiel ein angenehm warmer Sprühregen auf Zazuku nieder. Die Tropfen begannen auf magische Weise zu glühen. Kaum einen Augenblick später war die ganze Stadt eingeschlafen. Nur der Magier blieb wach und vollbrachte vor den Augen des Himmels wahre Wunder.

Als die Stadt plötzlich wieder erwachte, hatte es aufgehört zu schneien. Es war außerdem wieder herrlich warm und jeder spürte ein seltsam freudiges Glücksgefühl. Der Magier stand neben dem Weihnachtsmann und beide blickten, auf dem Podest stehend, auf die Bewohner Zazukus. Die Menge löste sich nun allmählich auf und jeder ging seiner Arbeit nach. Nur Natascha und ihre Freunde blieben zurück. Aufgeregt begannen diese auf Natascha einzureden. Sie wollten unbedingt wissen, wie die abenteuerliche Reise zu dem Schloss des Magiers verlaufen war. Als Natascha alles ausführlich berichtet hatte, fragte sie traurig, wie es nun weitergehen sollte.

"Da der 'Auftrag' nun erledigt ist, können wir ja wieder nachhause", sagte Philipp. Mit diesen Worten hatte er genau das ausgesprochen, wovor Natascha sich gefürchtet hatte.

"Nein, das kommt nicht in Frage. Wir haben noch nicht alles erledigt! dreihundertdreiunddreißig Kinder fehlen uns noch. Wir wollen doch keine halben Sachen machen, oder?", warf Carolin ein. Die anderen stimmten ihr zu, allen voran Natascha. Philipp schmollte. Er bemerkte nicht einmal Du, der hinter ihn trat und ihn anstupste. Philipp fiel vorn über und hielt sich gerade noch rechtzeitig an Nicole fest. Du, der bester Laune war, lachte fröhlich. Dabei hielt er seinen Stern hoch.

"Na, was sagt ihr? Der leuchtet noch schöner als der erste! Ich lade euch zur Feier des Tages alle zum Essen ins Schneemannhaus ein." Philipps Augen leuchteten wieder auf, denn er hatte großen Hunger. Sie marschierten zum besagten Haus. Jeder bestellte sich eine oder mehrere der vielen Köstlichkeiten. Nach dem Festmahl verabschiedeten sich die sechs Freunde. Ohne ein weiteres Wort wünschte Natascha sich und ihre Begleiter nach Miami, Florida. Sie wollte eventuelle Diskussionen über andere Reiseziele vermeiden, und wählte deshalb spontan diese sonnige Stadt.

Kurz darauf spazierten sie mit perfekten Englisch-Kenntnissen nacheinander in zwei verschiedene Schulen. Da es der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien war, fand kein regulärer Unterricht statt. In den Klassen wurde gebastelt, gespielt und gesungen - eine ideale Voraussetzung für die Entführungspläne der Freunde. Innerhalb von einer knappen Stunde schafften sie es, dreihundert Kinder nach Zazuku zu bringen. Die Zwerge und Trolle führten gerade das neunhundertsechs-undneunzigste Kind umher. Nun saßen der Magier, der Weihnachtsmann, Du und die sechs Freunde zusammen und warteten auf die Ankunft der letzten drei Kinder. Neunhundertsiebenundneunzig. Neunhundertachtundneunzig. Doch der Zwerg, der extra für das letzte Kind losgeschickt worden war, ließ sich Zeit bei der Wahl für das Kind, dem er bald seinen eigenen Glücksstern überlassen sollte. Schließlich war es soweit: Der Zwerg kam mit einem kleinen blonden Jungen an, der verständlicherweise erstaunt um sich blickte. Und als alle Umstehenden zu jubeln begannen, da war er richtig verängstigt. Nachdem ihm von zwei Engeln Zazuku gezeigt und sein bedeutender Beitrag zur Erhaltung dieser Stadt der Weihnacht erklärt wurde, hellte sich seine Miene regelrecht auf. Den Zwerg schien es nicht zu stören, seinen Stern verschenken zu müssen. Denn durch den Zauber des Magiers konnte er ja nun nicht mehr unglücklich sein.

Kurze Zeit später verabschiedete sich der Magier wieder. Der Weihnachstmann und die sechs Freunde begleiteten ihn hinaus zu seinem Rommilius-Magicus-Raketenschlitten. Er versprach, zum bevorstehenden Weihnachtsfest erneut nach Zazuku zu kommen. Dann hob sein Schlitten ab und er flog den Wolken entgegen. Bevor er sich auf den Weg zurück zu seinem Schloss machte, flog er noch einmal über die Stadt der Weihnacht. Der Magier lächelte. Sein Plan hatte funktioniert. Der Glaube an das Glück ließ die Bewohner Zazukus glücklich sein, ohne dass ein wirklicher Zauber dazu hätte verhelfen müssen. Zufrieden blickte er auf die Weihnachtsstadt hinunter und freute sich auf seinen kommenden Besuch bei seinen Freunden.

Nun wollten sich auch die Kinder auf den Weg nachhause machen. Sie verabschiedeten sich ausgiebig und versprachen, bald wiederzukommen. Natascha fiel der Abschied besonders schwer. Den Weihnachtsmann umarmte sie einmal fest, aber als sie vor Du stand, wusste sie nicht, wie sie sich verhalten sollte. Er ergriff die Initiative, umarmte sie, stellte sich auf seine Zehenspitzen und drückte ihr auf jede Wange ein Küsschen.

"Mach´s gut, Du", flüsterte Natascha ihm ins Ohr. "Wir werden uns bald wiedersehen."

"Ja. Nur, dass ich das nächste Mal vielleicht nicht mehr Du heiße. Aber es war bisher mit Abstand der beste Name." Er machte eine kurze Pause und sah Natascha in die Augen. "Frohe Weihnachten", fügte er hinzu. Dann drehte er sich um und stellte sich neben den Weihnachtsmann. Kurz darauf waren die Freunde wieder in Nataschas Zimmer. Nacheinander verabschiedeten sie sich von ihr und versicherten noch einmal, dass sie noch nie zuvor eine solch wundervolle Reise erlebt hatten.

Nachdem ihre Freunde gegangen waren, blieb Natascha einen Moment lang einfach inmitten ihres Zimmers stehen und hielt ihren kleinen funkelnden Glücksstern in den Händen. Ihre Gedanken überhäuften sich, sie konnte das Erlebte kaum fassen. Zurück blieb das Bewusstsein, dass ihr etwas Einmaliges und Fantastisches passiert war. Und zurück blieb ein Lächeln, das ihrer tiefen innigen Verbindung zu ihrem Freund Du Ausdruck verlieh.

Plötzlich erwachte in ihr das Verlangen, eine Geschichte zu schreiben. Eine Geschichte, die wirklich geschehen war, ihr aber niemand außer ihren Freunden glauben würde. Eine Geschichte über eine Zauberstadt namens Zazuku und über ihren besten Freund Du.

6. Vom Traum zur Wirklichkeit

Janines Tante klatschte in die Hände. "Eine fantastische Geschichte. Du musst mir unbedingt eine Kopie davon geben, weil mich der Anfang auch sehr interessiert. Aber jetzt musst du bestimmt los - es ist gleich 17.40 Uhr. Und auch ich bin heute Abend bei Freunden eingeladen und möchte mich noch schick machen. Grüß deine Eltern von mir", sagte ihre Tante. Janine packte ihre Sachen zusammen und zog sich an. Die Diskette, auf der die Geschichte gespeichert war, hielt sie glücklich in ihren Händen. Sie bedankte sich noch bei ihrer Tante, wünschte ihr frohe Weihnachten und ging dann nachhause. Während sie die schneebedeckte Straße entlanglief und in manchen erleuchteten Fenstern bereits vergnügte Familien am gedeckten Tisch sitzen sah, dachte sie wieder an die Stimme, die sie in der letzten Nacht gehört hatte. Immerhin war die Geschichte jetzt beendet. Was würde nun passieren, falls der Traum real gewesen war?

Um kurz vor 18 Uhr kam sie zuhause an. Sie begrüßte ihre Eltern, verschwand aber schon wenige Sekunden später wieder in ihrem Zimmer. Dann setzte sie sich an den Computer und durchsuchte nun den Text nach Fehlern, die natürlich trotz Rechtschreibprogramm immer wieder auftauchten. Dies dauerte nicht lange. Sie konnte jetzt mit dem Ausdrucken beginnen. Während der Drucker langsam nach und nach die bedruckten Blätter ausspuckte, zog Janine sich ihr Lieblingskleid an und frisierte sich die Haare zu zwei Zöpfen. Das Drucken verlief zwar problemlos, aber es dauerte unendlich lange, so dass sie glaubte, es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen. Doch um kurz vor 19 Uhr war die ganze Geschichte komplett in einem Ordner eingeheftet. Sie packte ihn in einen bunten Karton, umwickelte diesen mit einer Schleife und legte ihn mit dem verpackten Bilderrahmen unter den Weihnachtsbaum.

Plötzlich hörte sie vertraute Stimmen aus der Küche. Janine ging in den Raum, der köstlich nach Braten roch. Sie begrüßte ihre Großeltern. Und schon zehn Minuten später saßen sie alle zusammen am festlich gedeckten Tisch und genossen das Festmahl. Nach einer kleinen Unterhaltung gesellte sich die Familie um den Weihnachtsbaum.

"Janine, wolltest du uns nicht ein Gedicht aufsagen?", erinnerte ihre Mutter sie. Janine hatte in all der Hektik vollkommen vergessen, sich ein hübsches Gedicht zu suchen und es ihrer Familie vorzutragen. Nun stotterte sie ein uraltes Weihnachtsgedicht vor, das sie einmal in der Schule gelernt hatte. Trotz der nicht gerade hervorragenden Leistung war ihr Publikum begeistert. Dann konnten die Geschenke ausgepackt werden. Eigentlich ließ Janine dabei immer den anderen den Vortritt, um zum Schluss dann die Aufmerksamkeit auf sich und ihre Geschenke zu lenken. Aber nun machte sie sich zuerst daran, ihre auszupacken. Die neuen Skischuhe und die Farben kannte sie ja schon, doch das tolle Computerspiel ihrer Großeltern überraschte sie total. Sie bedankte sich bei allen und blickte nun auf ihre Familie. Als ihre Oma vorsichtig den Bilderrahmen ausgepackt hatte, war sie ganz begeistert.

"Hast du das selbst gemalt, Liebling?", fragte sie ihre Enkelin.

"Ja, Oma", antwortete Janine. "Es ist für dich und Opa. Aber wartet noch einen Moment ab. Es bezieht sich nämlich auf das Geschenk für Mama und Papa."

Ihre Eltern waren schon gespannt, was in dem Karton war. Janines Vater öffnete ihn. Als er den Ordner mit den vielen Blättern sah, wusste er zuerst gar nicht, was er davon halten sollte. Janine erklärte ihm, dass es eine selbst geschriebene Geschichte sei, und dass der Troll auf dem Bild der Großeltern den Troll Du darstellte. Ihre Mutter war begeistert.

"Du hast eine Geschichte geschrieben? Ich bin stolz auf dich!", rief sie. Augenblicklich begann sie, laut vorzulesen: "Das Weihnachtsabenteuer. Es war Montagmorgen und ein kühler, grauer Dezembertag stand vor der Tür." Alle lauschten gespannt den Worten von Janines Mutter. Nur Janine selbst dachte ununterbrochen an Dus Worte. Wie würde sie reagieren, wenn auf einmal tatsächlich diese kleine, lustige Gestalt mit den orangenen Haaren vor ihr stünde? Wäre sie andererseits enttäuscht, wenn der Traum ein einfacher Traum bliebe?

"Mehr wurde in diesem Raum, dieser Wohnung, dieser Stadt, diesem Land nicht mehr gesprochen", waren die letzten Worte, die Janine ihre Mutter sagen hörte. Denn plötzlich erstarrte sie mit geöffnetem Mund, den Ordner in der Hand haltend. Ihrem Vater und ihren Großeltern erging es ähnlich. Als Janine, vor Schreck fast ebenfalls gelähmt, ratlos umher blickte, bemerkte sie, dass die Wanduhr nicht mehr tickte. Sie lief zum Fenster und sah in die Dunkelheit. Der Anblick, der sich ihr bot, glich einer Malerei: Weiße, unbewegliche Punkte durchzogen die Nacht; die Schneeflocken waren im Fall erstarrt. Janine wusste nun: Die Zeit war stehen geblieben. Und das konnte nur bedeuten, dass es Du wirklich gab! Wie sonst hätte ihre Familie und wahrscheinlich die ganze Welt da draußen erstarren können? Und dann hörte sie Dus Stimme erneut. "Janine, sieh unter den Weihnachtsbaum. Dort siehst du ein ungeöffnetes Päckchen. Mach es auf und lies dir den Brief darin genau durch. Folge allen Hinweisen und du wirst mich finden."

Das Mädchen blickte auf das ungeöffnete Päckchen unter dem Baum. Vorhin hatte es noch nicht dort gelegen! Langsam ging sie darauf zu. Zuerst zögerte sie, doch schließlich öffnete sie es hastig. Darin befand sich ein weiteres Päckchen. Als sie dieses ebenfalls geöffnet hatte, erschien darin ein weiteres. Aber diesmal war ein kleiner Umschlag darauf geklebt. Janine nahm ihn ab und öffnete ihn. Ein kleiner Zettel kam zum Vorschein auf dem ihr Name stand. Darunter waren einzelne Punkte von eins bis fünf aufgelistet; hinter jeder Zahl standen ein oder mehrere kurze Sätze. Das aufgeregte Mädchen las sie alle durch, bevor sie den Brief zur Seite legte und das nächste Päckchen öffnete.

Etwas Leuchtendes glänzte zwischen den Ritzen der etwa tellergroßen Verpackung, die Janine nun vorsichtig öffnete. Einmal blickte sie noch kurz verunsichert auf ihre Familie. Als sie das geheimnisvolle Paket geöffnet hatte, verschlug es ihr vor Freude und Erstaunen fast den Atem: Vor ihr lag ein kleiner leuchtender Glücksstern!

Jetzt waren für sie alle Zweifel ausgeräumt, dass es Du wirklich gab! Als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, begriff sie auch sein Vorhaben. Sie machte sich für das Bevorstehende bereit und las noch einmal die erste Aufgabe durch: 'Komm zu den Niagarafällen.' Noch vor wenigen Augenblicken war ihr diese Aufforderung seltsam vorgekommen. Wie hätte sie dorthin gelangen sollen? Aber nun hatte sie einen Zauberstern und sie zweifelte nicht an dessen Fähigkeiten. Sie blickte den kleinen, leuchtenden Gegenstand noch einmal freudestrahlend an, schloss die Augen und wünschte sich zu den Niagarafällen.

Als Janine dort angekommen war, hatte sie keine Zeit, dieses Naturwunder auf sich wirken zu lassen. Ein Blick in die Runde musste ihr genügen. Anhand eines Schildes erkannte sie, dass sie auf der kanadischen Seite der unbändigen Wassermassen stand. Das Rauschen des Wassers unter ihren Füßen beeindruckte sie, - aber sie wollte so schnell wie möglich zu Du. Erneut blickte sie auf den Zettel in ihren Händen. Die zweite Aufgabe lautete: 'Komm in die Karibik.' Janine überlegte kurz, schloss die Augen und wünschte sich schließlich nach Kuba.

Sie hatte natürlich nicht erwartet, dass sie direkt in einer Menschenmenge auf einem belebten Markt in der Hauptstadt Havanna landen würde. Alle Leute blickten sie erschrocken an. Eine Frau, die, ihrer Kamera nach zu urteilen, eine Touristin war, schrie sogar. Doch dann kamen auch schon die ersten Kubaner auf das Mädchen zu und redeten auf Spanisch, Englisch und schließlich in bruchstückhaftem Deutsch auf sie ein. Janine zog es vor, lieber rasch zu verschwinden. Schnell wünschte sie sich zum vorgegebenen Nordpol und verschwand aus der Menschenmenge.

Sie sah an sich herunter. Eben hatte sie noch ein luftiges T-Shirt getragen - nun war sie in einen bunten Pullover eingehüllt und trug eine rote Thermohose. Lächelnd erinnerte Janine sich an die Passage aus ihrer Geschichte, als Natascha das erste Mal Am Nordpol ankam. Sie trug dieselben Klamotten. Janine konnte sich nicht gegen die seltsame Vermutung wehren, in ihrer eigenen Geschichte zu sein. Alles würde so sein, wie sie geschrieben hatte. Und Du würde so aussehen wie auf dem Bild für ihre Großeltern.

Nun las sie die vierte Aufgabe: 'Gehe auf den nächst größten Berg zu und dann zu einer großen Öffnung. Innen befindet sich eine Höhle. Du wirst einen Schneehügel sehen. "Da drunter ist die Falltür", habe ich in der Geschichte gesagt. Also: Du musst graben!' Ganz unten auf dem Brief stand noch: 'Versuch nicht, eine der Aufgaben zu überspringen. Denn du musst Nataschas Weg gehen, um mich zu finden.' Janine steckte den Brief in ihre Tasche und fing an zu graben. Das helle weißliche Licht, das ihr nun entgegen schien, war noch greller, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie hob die Tür an und kletterte in die Öffnung hinein. Das Licht hüllte sie noch einen Moment lang ein, doch dann sah sie Zazuku vor sich liegen. Janine war überwältigt. Ein kleiner Hase, der seine Farbe von einem Zartrosa zu einem hellen Grün wechselte, hoppelte an dem erstaunten Mädchen vorbei. Sie ging die bunt gepflasterten Gassen der Stadt entlang und konnte sich an den lustigen, farbenfrohen Häusern gar nicht satt sehen. Immer wieder drehte sie sich im Kreis, um so viele Eindrücke wie möglich aufzunehmen.

"Auch Du und der Weihnachtsmann sehen genau so aus, wie ich sie mir vorgestellt..." Sie stockte mit ihren Gedanken. Erst jetzt begriff sie, dass die beiden wirklich vor ihr standen.

"Hallo, Janine. Wir haben dich schon erwartet", sagte der Weihnachtsmann, der frisch aus einem Bilderbuch entsprungen zu sein schien. Da Janine aufgrund ihrer Verunsicherung noch immer kein Wort herausbrachte, kam Du auf sie zu und sagte: "Erkennst du uns und die Stadt wieder? Die Glückskuppel ist jetzt wieder voll intakt. Dank Nataschas und vor allem natürlich deiner Hilfe." Freundlich blickte der Troll sie an. "Komm, wir zeigen dir die Stadt. Du willst doch sicher sehen, ob alles haargenau deinen Vorstellungen entspricht?"

Janine nickte nur. Sie konnte nicht glauben, dass dieses kleine Wesen tatsächlich existierte, gar mit ihr sprach. Du griff nach ihrer Hand. Zögerlich ließ das Mädchen sich durch die Stadt führen, während Du und der Weihnachtsmann versuchten, ihre Zweifel an der Realität dieser Welt auszuräumen.

"Wir leben erst, seit du angefangen hast, über uns zu schreiben. Was davor war, wissen wir nicht mehr. Vielleicht existierten wir auch nur in den Gedanken der Kinder und du hast uns lebendig werden lassen", erzählte Du nachdenklich.

"Vom Traum zur Wirklichkeit", flüsterte Janine vor sich her. Dann fragte sie laut: "Könnte ich jetzt eigentlich noch etwas an meiner Geschichte ändern? Ich könnte Natascha einen anderen Namen geben oder das Happy End streichen und euch alle erfrieren lassen. Würde das funktionieren?"

Du lächelte ein wenig. "Du willst, dass wir erfrieren? Also das hätte ich ja nicht gedacht." Mit seinen bunten, großen Augen sah er sie prüfend an. "Deine Vermutung ist richtig: Du hättest noch alles ändern können, bevor du den Stern ausgepackt hast. Der Stern und deine leibhaftige Reise zu bestimmten Schauplätzen deiner Geschichte war praktisch eine Sicherheit für uns, dass du nun alles so lässt, wie es ist und dass unsere Existenz nicht gleich wieder beendet wird. Denn nun ist ein Teil der Geschichte zu deiner Vergangenheit und damit zur Realität geworden."

"Wie geht es jetzt weiter?", fragte Janine schließlich. Die Drei standen nun vor dem purpurroten Haus des Weihnachtsmannes. Aus dem Inneren klang leise eine weihnachtliche Melodie. Der Weihnachtsmann und Du wussten keine Antwort auf Janines Frage. Sie wurde traurig. Plötzlich ertönte eine hohe Stimme aus dem Haus und sang zu der Melodie. Es war ein fröhliches Lied - und doch verstärkte es Janines Trübsal. Sie wollte nicht, dass ihr dieses Wunder, das sie gerade erlebte, wieder genommen wurde. Und doch hatte sie das Gefühl, als könne sie es nicht mehr vermeiden. Das Schweigen ihrer beiden Begleiter hatte ihre Vermutung bestätigt.

Betrübt überreichte sie Du ihren Stern. "Ich möchte nachhause", sagte sie entschlossen. Der Troll war ein wenig erstaunt - aber er nahm den Stern dankend entgegen, während ein verräterisches Schmunzeln um seine Mundwinkel zuckte. Janine konnte seine Vergnügtheit nicht teilen. Sie dachte an ihre Familie, die zuhause völlig erstarrt in einem Zustand der Zeitlosigkeit gefangen war. Ein überwältigendes Bedürfnis überkam sie: Sie wollte Weihnachten feiern, sie wollte bei ihrer Familie sein - und sich nicht Gedanken machen müssen über Traum oder Wirklichkeit. "Du, bitte bring mich nachhause."

"Ein frohes Weihnachtsfest, Janine", sprach Du in Gedanken versunken vor sich her. Das Schmunzeln war in ein liebevolles Lächeln übergegangen. Auch der Weihnachtsmann verabschiedete sich von dem traurigen Mädchen. Dann nahm Du den Stern in die Hand und wünschte Janine zurück in ihre Welt.

"Es ist noch nicht vorbei, Janine. Hab ein wenig Geduld. Wir haben noch ein kleines Weihnachtswunder für dich", flüsterte Du dem Mädchen nach.

Nun gingen die beiden schnell zurück zum Haus des Weihnachtsmannes. In dem großen Wohnzimmer warteten eng zusammengedrückt alle Trolle, Engel, Feen, Zwerge und Kinder aus Janines Geschichte. Ein junges Mädchen mit langen, braunen Haaren rief Du zu sich, als er den Raum betrat. Natascha hatte ihrem Freund einen Platz neben sich frei gehalten. Der Weihnachtsmann legte nun einen großen Stern in die Mitte der Runde; er selbst setzte sich auf seinen Sessel. Erwartungsvoll blickten alle auf das glitzernde, leuchtende Ding. Sekunden später erschien das gewünschte Bild auf der Oberfläche des Sternes. Es war Janine, die gerade vor ihrer Familie stand.

"Na, Janine. Was sagst du zu deinen Geschenken?", fragte ihre Mutter. Janine, die immer noch fassungslos und irritiert über ihre soeben erlebte Reise war, antwortete nicht sehr überzeugend: "Sie sind echt super."

"Das hört sich ja nicht gerade ernst gemeint an. Aber du hattest dir doch all dies so sehr gewünscht!" Ihre Mutter erwartete offenbar einen Widerspruch - doch dann folgte sie stattdessen dem starren und erschrockenen Blick ihrer Tochter. Janine stand unbeweglich im Zimmer und starrte mit offenem Mund auf die rote Decke unter dem Baum. Dort lag ein ungeöffnetes Päckchen, an Janine adressiert.

"Von wem ist das denn nur?", fragte ihre Mutter. Leise raunte sie ihrem Mann ins Ohr: "Ist das von dir?" Als dieser verneinte, fragte sie ihre Schwiegereltern. Auch diese wussten nichts über das geheimnisvolle Paket. Alle blickten auf Janine, die gerade dabei war, die goldene Schleife zu öffnen, die um das Geschenk geschlungen war. Dann riss sie das Papier herunter, öffnete die große Schachtel und fand - genau wie vermutet - noch ein Päckchen vor. Als sie auch dieses geöffnet hatte und ein weiteres erschien, sahen sich Janines Eltern erstaunt an. Erfahrungsgemäß wusste Janine nun, dass die Schachtel vor ihr die letzte sein musste. Als sie den Deckel ein wenig anhob, sah sie durch die Ritzen ein grelles Licht scheinen. Schnell machte sie die Schachtel wieder zu. Sollte sie sie öffnen? Doch plötzlich überwältigte sie ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Dieses Gefühl war stärker als ihre Angst vor der Reaktion ihrer Familie, wenn diese den Stern zu Gesicht bekäme. Sie wollte die Erwachsenen an ihrem Wunder teilhaben lassen, sie wollte auch ihnen die Möglichkeit geben, Zeit und Realität für einen kleinen Augenblick zu entfliehen. Mit voller Wucht riss sie den Deckel ab und hob ihren - dessen war sie sich nun sicher - Glücksstern hoch. Geblendet von dem funkelnden Licht, konnte Janine ihre verängstigten Großeltern und fassungslosen Eltern kaum sehen. Sie flüsterte vor sich hin: "Du, ich danke dir. Ich danke dir vielmals! Das ist wirklich mein schönstes Weihnachtsgeschenk!" Um ihren Worten Ausdruck zu verleihen, hielt sie den Stern demonstrierend hoch. Ihr Vater brachte die Worte "Was ist hier los?" zustande. Aber Janine antwortete nur: "Das erzähle ich euch später. Denn es ist eine sehr, sehr lange und unglaubliche Geschichte!"

Epilog

Später in Janines Zimmer. Sie blieb einen Moment lang inmitten des Raumes stehen und hielt ihren kleinen funkelnden Glücksstern in den Händen. Ihre Gedanken überhäuften sich, sie konnte das Erlebte kaum fassen. Zurück blieb das Bewusstsein, dass ihr etwas Einmaliges und Fantastisches passiert war. Und es blieb ein Lächeln, das ihrer tiefen innigen Verbindung zu ihrem Freund Du Ausdruck verlieh.

Plötzlich spürte sie ein Verlangen in sich aufsteigen: Sie wollte schreiben, schreiben und immer mehr schreiben. Sie wollte die wunderbare Welt, die sie erfahren hatte, an die wirkliche Welt herantragen. Sie wollte zeigen, was es heißt, Kind zu sein, was es bedeutet, Träume zu haben und an Wunder zu glauben. Janine hatte sich als Ziel gesetzt, die in der Erwachsenenwelt bestehende Mauer zwischen Realität und Fantasie an ein paar Stellen brüchig werden zu lassen. Und sie wusste: Mit Dus Hilfe konnte sie all dies schaffen.

Sie begann zu schreiben.

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Ich habe schon einige Weihnachtsgeschichtensammlungen gelesen und kann mich nur an ein Buch erinnern, das ähnlich gut war!
Leserin BookCrossing

Was für ein schönes Buch! ... ich habe tatsächlich die eine oder andere Träne verdrückt. Es kommt so richtig schön weihnachtliche Stimmung auf. Und das Buch eignet sich wundervoll zum Verschenken.
Leserin BookCrossing

Ein wunderschönes Buch mit tollen Geschichen. Ich werds mir für nächstes Jahr als Geschenk für meine Kurzgeschichtenfans vormerken.
Leserin BookCrossing

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