Weihnachtsgedichte
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Weihnachtsgedichte
Weihnachten Weihnachtsgeschichten und Weihnachtsgedichte
Weihnachtsgeschichten Band 3
Weihnachtsgeschichten Band 2

Die Rache der Tannenbäume

© Achim Faßbender

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit
Macht sich im Wald das Bangen breit
Denn mit der Wintersonnenwende
Kommt für manchen Baum das Ende:
Mit großer Gier und schneller Eile
Und drohend geschwungenem Beile
In des Waldes nächtlichen Ort
Die Rotte stürzt und schnaubert Mord
Weil sie das Bezahlen schmäht
Die Tannen lieber selber mäht
Zudem zeugt in der heut'gen Zeit
Das Bäumehau'n von Männlichkeit
Die Bäume selbst hoffen und fleh'n
Dass sie auch noch im Frühling steh'n
Um das Gemetzel zu vermeiden
Versuchen sie sich zu verkleiden
Spielen Zeder und Zypresse
Auch monströse Stachelkresse
Doch werden sie recht schnell enttannt
Weil so ne Tanne schnell erkannt
Ist das gescheh'n, gibt es zwei Arten
Die die rennen, und die, die warten:
Diejenigen, die toll vor Grausen
Versuchen noch davonzusausen
Sie sieht man vor Entsetzen
Schreiend durch die Wälder hetzen:
"Ich bin ein Hase, denkt euch nur!"
Fatales Waldorfschulabitur
Prüfung nur in Klatschen und Singen
Fächer die wohl nicht viel bringen
Denn flieh'n sie auch für ein paar Stunden
Werden sie schon bald gefunden
Von des Jägers Schuss durchsiebt
Dumm, wer für 'n Has' sich gibt
Doch auch wer am Ort verweilt
Ist vor Attacken nicht gefeit
Dem treibt das herzlose Gesinde
Scharfe Schneiden in die Rinde
Und während wilde Schläge schnellen
Stumme Schmerzensschreie gellen
Kaum verstummt der Äxte Hallen
Und noch im Zubodenfallen
Durch der Bäume leises Ächzen
Erinnyen nach Vergeltung lechzen -
Könnt' der Mensch die Bäume hören
Hör'n wie sie ihm Rache schwören
Kreidebleich vor Entsetzen
Würd er durch die Wälder hetzen
Schrein: "Ein Reh, Ich bin ein Reh!"
Bis dann der Jäger - Herrjemine!
Doch da sowas ja nie passiert
Dass Mensch mit Baum kommuniziert
Er den Fluch somit nicht hört
Sich daran nicht weiter stört
Triumphiert in Mannesart
Da für den Baum das Geld gespart
Und bevor ihn einer sieht
Er mit dem Baum von Tannen zieht -
Doch direkt nach dem kalten Mord
Kommt das Problem mit dem Transport
Der Mann merkt erst beim Gefährt
Die Proportionen sind verkehrt
Er hat den Baum zu groß gewählt
Weil scheinbar doch die Größe zählt
Passen wird er wohl kaum
In den kleinen Kofferraum
Kurzerhand wird dann halt
Die Tanne auf das Dach geschnallt
Es wird gezerrt und geschoben
Und der Baum aufs Dach gezogen
Bis plötzlich im ganzen Wald
Ein schauerhafter Schrei erschallt
Und diesen Schrei aus voller Kehle
Hört man weit, weil aus der Seele
Denn der Baum hat mit 'nem Ast
Dem Auto einen Ritz verpasst
Wie der Mann so weint und wimmert
Wird die Lage noch verschlimmert:
Vom Schrei erheblich irritiert
Kommt der Förster anstolziert
Sieht nur den Mann, zum Glück kein Reh
Doch was ist das? - Herrjemine!
"Ein Weihnachtsbaum, wild geschlagen
Tja, was soll ich da noch sagen?
Macht 80 Euro, alles Gebühr
Schaun sie nicht so, kann ich nix für
Das ist in Deutschland eben die
Gottverdammte Bürokratie
Hier nehm sie mal den Rest
Ich wünsch dann noch ein frohes Fest!"
Wie angewurzelt steht der Mann
der er sein Pech nicht fassen kann
Beschaut mit Hass das tote Holz
Auf das er eben noch so stolz
Sinkt mutlos auf den Fahrersitz
Springt wieder auf, ja Potz und Blitz!
Ein Schrei erneut ganz fürchterlich
Doch diesmal schmerzt es körperlich -
Sonst ist er keine Mimose
Doch Nadeln in der Unterhose
Direkt in den Kronjuwelen
Könn' 'nen Mann schon böse quälen
Auch in der Jacke und der Mütze
Ja in der allertiefsten Ritze
Pieken und zwicken solche
Kleinen grünen Tannendolche
Nach unendlich langer Qual
Hat er die Tannenstachelzahl
Ganz erheblich reduziert
Setzt sich, zwar immer noch pikiert,
Auf des Autofahrers Thron
Dreht den Schlüssel dann auch schon
Eilt Heim mit sorgender Seele
Damit er das Fest nicht verfehle
Betört von Harz- und Tannenduft
Von dem erfüllt die ganze Luft
Schwebt er aus dem Jammertal
Er tritt feste das Gaspedal
Er fliegt dahin wie vogelfrei
Der Tacho zeigt sechzig mal drei -
Hätt er gewusst, er wird geblitzt
Wär er vielleicht nicht so geflitzt
So sind die Herren mit der Kelle
Auch sofort schon bei der Stelle:
Einer lächelt mit Ironie:
"Guten Tag auch! Hören Sie:
Der Versuch war gar nicht übel
Doch zum Fliegen braucht man Flügel."
Aber das Lächeln schwindet schon
Er brüllt alsdann in schroffem Ton:
"Sind Sie Ferrari-Testpilot?
Oder einfach nur Vollidiot?
Hundertachtzig, geschlossener Ort!
Glückwunsch, das ist Adventrekord!
Siegerehrung ist auf'm Revier,
Das Preisgeld zwar bekommen wir,
Punkte jedoch ganz exklusiv
Sie im Verkehrssünderarchiv."
Nach zweistündiger Tortur
Endlich hat er die Prozedur
Auf der Polizeiwachtmeisterei
Überstanden - und ist frei.
Ganz gemächlich ohne Hast
Trollt er zum heimischen Palast
Dort nun wird er sich erholen
Von des Schicksals Kapriolen
Packt den grünen Nadelstrauß
Schleppt ihn in das Treppenhaus
Da stößt an der ersten Ecke
Die verdammte Festtagshecke
Gegen einen Pflanzenkübel
Der zerspringt - ei, das wird übel:
Der Drache der auf der Etage
Wohnt gerät sehr schnell in Rage
Beim Versuch flugs hochzusprinten
Bekommt er brutal von hinten
Ein Schlag mit einem Besen
Ausgeteilt vom Drachenwesen
Das zum Glück kein Feuer speit
Doch dafür nach Kräften schreit:
"Das nächste Mal, wenn ich Sie seh',
Tu ich Ihnen richtig weh!"
Der Mann gibt ums Geschrei nicht viel
Und ignoriert das Ur-Fossil
Wuchtet den Lamettaständer
Über das Treppengeländer
In die heimischen vier Wände
Und das Leiden hat ein Ende
Ende aber ist relativ
Denn die Frau schreit: "Der ist ja schief
Wen'ger Nadeln als du Haare.
So geht das jetzt schon all die Jahre.
Kannst du nie was richtig machen?
Das war's, ich pack jetzt meine Sachen!"
"Brauchst du Hilfe, sag Bescheid.
Ich bin es langsam wirklich leid.
Immer dein fieses Gemecker.
Frau, du gehst mir auf den Wecker.
Ach meiner Treu, wär das schön,
Würdest du für immer gehn."
So wird aus dem Fest der Liebe
Durch Erinnyen eins der Hiebe -
Als die Tür ins Türschloss springt
Zu ihm eine Stimme dringt:
"Sieh es mal mit andern Augen
Wer soll kochen, Staub aufsaugen?
Wer soll jetzt den Einkauf machen
Und wer bügelt deine Sachen?"
Schon tut ihm sein Handeln leid
Denn es macht sich Bangen breit
Wie soll es nun weitergeh'n?
Wird er so den Frühling seh'n?
Ermattet vom Martyrium
Sinkt er ins Delirium -
Sieht sich in der Furien Reigen
Sieht sie ihre Fratzen zeigen
Sieht wie sie sich gierig weiden
Weiden sich an seinem Leiden
Niemals würden sie dem Armen
Zugestehen ihr Erbarmen
Dass obwohl ganz unbestritten
Unser Held genug gelitten
Somit kommt, was kommen muss:
Der Tragödie traurig Schluss
Der Baum, der vorher noch geschmückt
Und in die Wohnstube gerückt
Ein wenig sich zur Seite neigt
Bis er in eine Kerze zeigt
Sekundenschnell er Feuer fängt
Und brennend in der Ecke hängt
Entfacht einmal das Flammenmeer
Wird es zu kontrollieren schwer
Dem Mann bleibt einzig aufzugeben
Um zu erretten sich das Leben
Vor dem Haus steht er noch lange
Tränen kühlen seine Wange
Von drinnen dringt hämisch Gelache
Erfüllt hat sich der Tannen Rache

Lasst diese Mär euch Warnung sein
Kauft keine echten Tannen ein
Mit Plastik nur wird euch beschieden
Ein Fest in Ruhe und in Frieden

Eingereicht am 26. Januar 2007.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.