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Dez
01
Mausi - ein Hundeleben
© Margrit Lang

Hallo, darf ich mich vorstellen? Ich bin Roxane. Aber alle nennen mich Mausi. Warum? Das hat mir noch keiner verraten. Verstehe einer diese Menschen!

Seit vier Jahren bin ich nun Familienmitglied in diesem Haus, aber ich kann Ihnen flüstern: Leicht ist es nicht. Frauchen und Herrchen haben so ihre Eigenarten - ganz besonders Frauchen! Nun ja, sie ist auch nicht mehr die Jüngste.

Ich schätze, sie hat die 40 schon überschritten - vielleicht sogar schon die 50. Was mich zu dieser Annahme veranlasst? Na, die vielen Cremes und Wässerchen, die sie täglich in ihr Gesicht patscht. Ist doch ganz klar: Mit 30 hätte sie so etwas nicht nötig!

Wie mein Frauchen heißt? Auch das kann ich nicht genau sagen. Im Vertrauen: Die Kommunikation in diesem Haus hat so ihre Schwächen. Ich weiß nur, wenn mein Herrchen zu Hause ist, ruft er alle fünf Minuten nach ‚Herzchen'. Laut - ganz laut! Dann rennt Frauchen immer los und bringt ihm Sachen. Mal düst sie mit einer Unterhose die Treppe hinauf, dann wieder schleppt sie Hammer, Nägel und Bohrmaschine die Treppe hinunter. Was das für ein Spielchen ist, weiß ich nicht, denn auch diese Aktionen bespricht man nicht mit mir. Zwar versuche ich, so gut ich kann, mit Frauchen Schritt zu halten, aber manchmal schlägt sie mir ganz unverschämt die Türe vor der Nase zu.

Wenn das nicht Beweis genug ist! Ich werde in diesem Haus nämlich ganz eindeutig benachteiligt! Jawohl! Zugegeben, ich bin nicht unbedingt groß geraten. Aber auch kleine Minderheiten dürfen nicht benachteiligt werden! Nein, das dürfen sie nicht! Und doch tun sie es! Stellen Sie sich vor, ich muss mich doch tatsächlich bis zum Anschlag meiner Belastbarkeit recken und strecken, um die Unterkante der Tischplatte zu erreichen. Aber glauben Sie ja nicht, dass man mir auch nur einen Zentimeter entgegenkommt. Nein, da kichert man nur dümmlich und amüsiert sich über meine verzweifelten Anstrengungen. Was wäre schon dabei, wenn sie den Esstisch um zehn Zentimeter kürzen ließen! Dann könnte ich endlich bequem das Geschehen auf der Tischplatte verfolgen - und vielleicht auch mitbestimmen. Das wäre doch familiengerecht. Abgesehen davon, mit ergonomisch angepassten Möbeln würde man einer körperlichen Fehlhaltung entgegenwirken. Meine Muskeln könnten sich entspannen und ich könnte psychischen Stress abbauen. So aber muss ich mir immer den Nacken verrenken, um alles im Auge zu behalten. Das kann doch nicht gesund sein! Auf der einen Seite macht Frauchen ein riesiges Theater um meine gesunde Ernährung und auf der anderen Seite provoziert sie durch ihre Uneinsichtigkeit körperliche Haltungsschäden.

So ist sie nun mal! Ich kann Ihnen Stories erzählen vom "lieben Herzchen", da stehen Ihnen die Haare zu Berge. Was mich am meisten beunruhigt ist ihre Unberechenbarkeit: Mal tollt sie mit mir im Garten umher, dann schleppt sie mich wieder auf den Frisierhocker und zupft und piekt an mir herum. Was soll das? Können wir nicht mal einen Tag bei einer Sache bleiben - und zwar im Garten? Aber, nein! Wenn ‚Herzchen' keine Lust mehr hat, düst sie ab und lässt mich einfach stehen. Ist doch total rücksichtslos! Mir bleibt dann keine andere Wahl, als hinterher zu laufen - ich muss ja schließlich sehen, was sie nun wieder vorhat!

Ja, ja, rücksichtslos, das ist sie! Sie verschwendet nicht einen Gedanken an mein sensibles Näschen. Nach ihren vielen Cremes und Wässerchen, benebelt sie sich täglich mit schauderhaften Düften. Noch einen Spritzer da und noch einen Spritzer dort! Als ob es nicht schon längst genug wäre! Andererseits aber, wenn ich mich mal parfümiere - in einem wundervoll duftenden Kuhfladen - dann sollten Sie das liebe Herzchen hören! Kreischend wie ein mittelalterliches Marktweib, zerrt sie mich brutal in die Badewanne, rubbelt dann so lange an mir rum, bis der ganze schöne Duft wieder weg ist! Gnadenlos richtet sie den Wasserstrahl auf mich und zeigt kein Erbarmen mit meinem sensiblen Gemüt. Ich zittere, ich bebe und flehe um mein Leben - aber sie schrubbt weiter. Was nützt es, wenn sie mich mal anlächelt und streichelt? Gar nichts! Denn sie hört trotzdem nicht auf! Versucht sie, mich zu ertränken? Hunde dürfen nicht so oft gebadet werden! Sag ihr das mal einer!

Aber wie ich sie kenne, interessiert sie das alles nicht. Sie setzt ihren Kopf durch. Ich sage Ihnen, dafür gibt es nur eine Erklärung: Altersstarrsinn! Glauben Sie nicht? O, doch! Gerade in letzter Zeit macht er sich immer öfter bemerkbar. Wenn ich zum Beispiel der Meinung bin, dass es bei unseren Spaziergängen besser wäre, eine andere Richtung einzuschlagen, bleibt sie so lange bockend stehen, bis ich nachgebe und ihr den Willen lasse. Na, glauben Sie mir jetzt? - Wahrscheinlich sind es doch die 50, die sie bereits überschritten hat!

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