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Dez
01
Onenightstand
© Bernd Schneid

Zischte die U-Bahn morgens früh, halb fünf, durch den Untergrund, oben pochte die Stadt, halb verglommen die letzten Zigaretten im Glas, war schon vorbei die Samstag Nacht, wild treibend, den Schweiß im Haar und den Sohlen, an den Decken der Clubs, den regennassen Dächern, dem Asphalt am Ostbahnhof, Richtung irgendwo, ungewiss mit wem, die Zeit drehte durch.

Sarah saß auf der ledernen Bank der U-Bahn, einen Arm um die Hüfte, feucht auch ihre Kleidung, wild getanzt, usw. Aperol, Campari-O, Musik und Geschrei. Der Arm Gänsehaut von Ron oder Tom machte sich zu schaffen, an der Hüfthaut, nett, weich, warm und vielversprechend stark. Das Licht war gleichbleibend, unbedeutend, müde die Blicke, doch an Schlaf nicht denken wollend. Ab und an ein Kuss, Kontakt, Hand bleibt links.

Endstation, grauer Boden, Rolltreppen rotieren, brachte die schweren Schuhe nach oben. Sarah im fast Tageslicht, Ron noch vernebelt, Sarah klar schwankend Richtung Grasnarbenweg, über das Kies, auch feucht, knirschend. Hand in Hand, unzweideutig, langer Weg bis zur Wohnung. Dann kamen sie endlich an, die Tür wurde aufgeschlossen, Treppen, zweistöckig nach oben gegangen. Ein langer Abend wurde beendet. Die Tür ging auf. Ron sah das Zimmer an, als ob er noch nie ein Zimmer gesehen hätte, musterte, Sarah gen Bad, frisch machen, leicht bleibend, kurz noch ein Blick von ihr ins Schlafzimmer geworfen. Sie hatte alle Spuren beseitigt, vom Vortag, alles auf Willkommen in meinem Reich. Ab ins Bad. Ron setzte sich aufs Bett, zog sich die Jacke aus, Schuhe, Hose, Hemd, sah sich um. Kein Aschenbecher war zu sehen. Also nicht. Es war für alles gesorgt. Kein Problem. Er würde wach bleiben. Seine leichteste Übung. Es gab schließlich etwas zu gewinnen. Rücklings in die Matratze, die Füße am Boden und er sah gut aus, von der Tür aus betrachtet, gut.

Sarah im Bad, letzte Vorkehrungen, alles Routine, kein Problem, ein Glück, dass es ein guter Abend war und Ron oder Tom. Zähne geputzt - wieso eigentlich? - immerhin. Raus aus dem Fummel, rein ins - nein, heute nicht, einfach nichts. Das reicht.

Als Ron Sarah im Türrahmen stehen sah, schön, lächelnd, lächelte auch er, Sarah zu ihm, langsam, sich neben ihn setzend. Nicht lange fackelnd, Hand auf Hand, Hand an der Hose, ruhige langsame Berührungen, kein Problem, schneller werdend, heiß, bis der Schweiß wieder kam, das Herz seine Geschwindigkeit steigerte, der Kopf konzentriert auf den Körper. Sie spielten sich schnell ein, Küsse, wie kleine Kängurus aufeinander, genauso weich - oder wie weich ist ein Känguru? Dann zur Sache, Schätzchen! es gab gar keine Musik - was soll's? War trotzdem intensiv, trieb und pochte gen Ende, aus der Zauber! schön war es gerade noch. Ein Glück. Berührung. Berührung. Berührung. Darauf kam es doch letztlich an. Menschliches Grundbedürfnis. Berührung. Sarah schlief mit einem Lächeln ein, Ron neben ihr leicht schnarchend, zufrieden, gelöst und beruhigt. So musste es sein. Nichts war ein Problem. Ganz leicht. Die Sonne schien durch die Jalousie, Insekten draußen wie blöde an Hauswänden krabbelnd. Der Verkehr hob an, wieder Lärm, ganz Stadt, ganz normal. Die Blätter der Bäume bewegten sich wieder im Tageslicht, keine Straßenlaternen.

Schwerer Schlaf bei beiden, bis Sarah aufwachte, Ron neben ihr, 13 Uhr 36, genug geschlafen, hübscher Kerl, vielleicht ein wenig klein. Sie stand auf, wieder Gang ins Bad, Morgentoilette, sich hübsch machend. Fertig. Alles perfekt. Währenddessen hatte sich Ron angezogen, in voller Montur, saß am Küchentisch, in eine Zeitschrift schauend, nicht sonderlich interessiert, wartend. Sarah kam in die Küche, Ron ging ins Bad, sie setzte Kaffee auf, der wurde dann noch getrunken, ein wenig gequatscht. Man verabschiedete sich. Sarah zog sich wieder aus, legte sich ins Bett, Fernbedienung in die Hand, komm! restlicher Sonntag: Sonntagsprogramm. Ron auf der Straße, telefonierend, verabredete sich mit einem Bekannten zu einem Bierchen vielleicht, wer weiß? am Abend Fernsehen bestimmt. Es war ein durchaus schöner Tag. Die Sonne gab der Stadt ein freundliches Gesicht. So musste es sein. Alles gut.

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