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Eine seltene Liebesvermittlung

© Tommy Lachmann


Die Zeit: 22 Uhr und in der Glotze war absolut tote Hose. Sabrina Wenzel blätterte gelangweilt in der TV-Zeitschrift, fand aber nichts, was sie vom Hocker haute. Heute war ihr vierter Hochzeitstag, aber Rainer war trotzdem nicht nach Hause gekommen. Groß getönt hatte er, dass er zur Feier des Tages ..., doch sein Wort war nicht mehr wert als der verrostete Drahtzaun im Garten. Rainer war selten zu Hause, dafür riefen häufig fremde Frauen an, die nach ihm verlangten. So hatte sich Sabrina ihre Ehe nicht vorgestellt. Reichlich Stress hatten sie beide gehabt, aber jetzt war bei Sabrina der Ofen aus. Das Thema Ehe war durch, sie wollte nicht mehr.
"Na, und wenn schon", hatte Rainer oft geprotzt, "du bist nicht die Einzige, andere Weiber reißen sich um mich! Ein schöner Quicki muss schon drin sein, sonst wird´s langweilig!" - "Was es für mich wird, ist dir schnuppe", war Sabrina zornig geworden, "von Aids ganz zu schweigen, oder wie siehst du das?" - "Quatsch, keine Sorge Baby", hatte er dann gerufen, bevor er wieder eilig das Haus verließ.
Manchmal aber stand Rainer unerwartet auf der Matte und versuchte am helllichten Tag, Sabrina ins Schlafzimmer zu zerren. Aber diese Tour war nicht ihr Ding und sie verweigerte sich ihm seither. Heute an ihrem Hochzeitstag hatte Sabrina besonders die Sinnlosigkeit ihrer Ehe erkannt, war frustriert ins Bett gestiegen und dämmerte im Halbschlaf vor sich hin.
Die Uhr hatte längst zwölf geschlagen, als draußen der Haustürschlüssel vergebliche Versuche machte, das Schlüsselloch zu treffen. Klar, Rainer war wieder randvoll! Plötzlich aber polterte es laut und dann stand er mit seiner riesigen Bierfahne wie ein Barbar im Raum. Er stank nach Bier und Rauch wie ein ganzes Festzelt am Wochenende.
"Naa, Baby", lallte er laut, "lass uns mal wieder am Nachwuchs basteln!" Dann stolperte er auf das Bett zu, sackte halb hinein, griff nach ihr und brüllte: "Los, komm her!" Sabrina aber war rechtzeitig aufgesprungen und als er nach ihr griff, schlug sie wild um sich. "Nachwuchs? Von Dir? Das wäre das letzte, was ich wollte", schrie sie zitternd vor Wut, "ein Säufer und Hurenbock genügt mir im Haus!" Als Rainer wieder auf den Beinen stand und sich quer durch den Raum wie ein wütender Stier auf Sabrina stürzte, verpasste sie ihm einen gezielten Tritt genau an die Stelle, wo es ein Mann wirklich nicht gern hat. Noch einmal und noch einmal trat sie zu. Das zeigte Wirkung! Waidwund und jaulend taumelte Rainer aus dem Zimmer und Sabrina knallte sofort die Tür hinter ihm ins Schloss und drehte den Schlüssel um. Zu ihrer Sicherheit stellte sie noch einen Stuhl so vor die Tür, dass sich die Klinke nicht mehr bewegen ließ. Dass Rainer die Tür einschlug glaubte Sabrina nicht, denn das hatte er noch nie getan. Gleichwohl aber waren in solchen Situationen schon leere Bierflaschen, von lauten derben Flüchen begleitet, gegen die Tür geknallt. Derartiger Lärm störte hier niemanden, denn schimpfende Nachbarn gab es nicht. Die Wenzels wohnten in einem Zweifamilienhaus, das Rainers Chef, dem reichen Engelmann gehörte. Die Wohnung über ihnen stand schon ewig leer und blieb nur Mitarbeitern der Firma Engelmann vorbehalten.
Ängstlich legte sich Sabrina wieder ins Bett und wartete ab. Aber die Gefahr war heute schnell vorüber. Schon nach wenigen Minuten hörte sie Rainer drüben auf dem Sofa im Wohnzimmer tierisch laut schnarchen. "Ein schöner Hochzeitstag", dachte sie noch verärgert und dann war auch sie im Reich der Träume.
XXX
"Geh doch mal zu Onkel Emil", hatte Ingo Hubers Mutter zu ihrem Sohn am Telefon gesagt, "jetzt, wo du neu in dieser Riesenstadt bist und noch keinen Menschen kennst, kannst Du ihn doch mal besuchen." Ingos Mutter war ewig besorgt um ihren Sohn und vergaß ständig, dass er mit seinen 28 Jahren längst erwachsen war. Ingo hatte in dieser großen Stadt erst seit einigen Wochen einen einträglichen Job bei einer Versicherung.
"Und was soll das", hatte Ingo gefragt, "wo er mich doch noch nie gesehen hat?" - "Er würde sich bestimmt freuen, seinen Neffen einmal kennen zu lernen", war sich die Mutter völlig sicher. Ingo nicht. Eigentlich hatte er gar keine Lust auf solche lästigen Besuche.
"Aber Mutter, was soll ich denn dort sagen", hatte er versucht, diesen Pflichtbesuch abzuwimmeln, "hallo, Onkel Emil, rate mal wer ich bin?" Nein, das war nicht Ingos Ding. Weshalb sollte sich ein Mann über einen Menschen freuen, den er noch nie gesehen hatte? Nur weil er sein Neffe war? Aber Ingos Mutter ließ nicht locker. Na gut, dachte der Junge, wenn ich ihr mit diesem Besuch einen Gefallen tun kann, warum nicht. So machte er sich eines Tages widerwillig auf den Weg zu seinem Onkel Emil Engelmann, den er nur von Bildern kannte. "Na, mal sehen", sagte er sich, "Verbindung ist das halbe Leben".
"Wie man kräftig sparen kann zeigt dir Emil Engelmann!" Dieses Firmenlogo leuchtete über Engelmanns sämtlichen Filialen. Emil Engelmann hatte schon früh gecheckt, wie man den Rubel zum Rollen bringt. Schon als Junge hatte er alles verhökert was ihm unter die Finger gekommen war und eine satte Mark damit gemacht. Klein angefangen, war er heute aufgestiegen zum Boss einer ganzen Ladenkette mit Billigklamotten. Ein guter Name und ein ansehnliches Vermögen waren das Resultat. Im großen gläsernen Büro seines Hauptgeschäftes regierte Emil Engelmann wie ein König.
"Ich hätte gern Herrn Engelmann gesprochen", sagte Ingo zur Empfangsdame. - "Wen bitte darf ich melden?" Ihre Frage klang kühl. "Mein Name ist Huber", sagte Ingo gequält, "es handelt sich um eine private Angelegenheit." - "Bitte nehmen sie einen Moment Platz." Es dauerte eine Weile, doch dann sagte die Sekretärin sehr freundlich: "Herr Engelmann erwartet Sie. Bitte hier entlang."
Über das unerwartete Auftauchen seines Neffen, den er zuvor nur einmal als Säugling im Kinderwagen gesehen hatte, zeigte sich Onkel Emil begeistert und zog alle Register seines Wohlwollens, ja, er ließ die Puppen tanzen. "Frau Schneider, machen Sie uns rasch einen guten Kaffe und Frau Auerbach, Sie holen nebenan gleich mal ein paar Stück Kuchen!" Und zu Ingo gewand fragte er fast besorgt: "Du magst doch Kaffe und Kuchen, Junge, oder?" Ingo war von diesem Empfang sehr angetan. Der Onkel wusste interessant zu plaudern und die Unterhaltung war erquicklich. Dann fragte Engelmann seinen Neffen plötzlich: "Wo wohnst du denn hier in dieser großen Stadt eigentlich, mein Junge?" - "In einem möblierten Schuppen mit Blick auf einen schäbigen Hinterhof ", spottete sein Neffe lustig. Der Onkel schien zu überlegen. "In einem meiner Häuser ist nämlich eine Wohnung frei. Du zahlst die Hälfte! Und wenn du mal nicht flüssig bist, - - - nun, das sähe ich dann auch nicht so eng."
Das war ja ein Superangebot! Emil Engelmann strahlte seinen Neffen gönnerhaft an: "Mein Lagerist Wenzel wohnt unten und wenn du willst, kannst du oben einziehen. Wenzel macht da auch den Hausmeister, warte, ich gebe ihm gleich die entsprechende Order."
Natürlich wollte Ingo gern, denn ein möbliertes Zimmer ist auf Dauer kein zu Hause und gute Wohnungen sind rar. Und da tobte auch gerade der Wenzel durch den Raum. "Wenzel, mal herkommen,", rief Direktor Engelmann forsch. Rainer Wenzel drehte auf dem Absatz: "Chef?" - "Mein Neffe hier, Herr Huber, wird nächste Woche oben bei euch einziehen. Sehen Sie mal zu, dass da oben Schwung rein kommt in die Bude! Klar?" Wenzel, ein stämmiger Bursche, stand in strammer Haltung vor seinem Chef und parierte: "Jawohl, Herr Engelmann, wird gemacht, Herr Engelmann, geht in Ordnung, Herr Engelmann. Selbstverständlich. Jawohl, Chef, jawohl!"-
"Und ihrer Frau geht`s gut? Alles bestens soweit?" - "Jawohl, Chef, jawohl! Alles besten soweit! - Danke Chef!"
Ingo schluckte. Das Verhältnis zwischen Boss und Boy schien hier topp zu funktionieren und Ingo fragte sich, ob Wenzel wohl beim Bund gedient habe, denn dieser Typ ließ den Untergebenen perfekt raushängen!
"Na, mein Junge", sagte Onkel Emil jovial, "du wirst sehen, die Wenzels sind nette Leute, schwer in Ordnung!" Ja, das hatte Ingo schon gemerkt!
XXX
Acht Tage später zog Ingo Huber im Haus seines Onkels ein. Ihn, den Wenzel, kannte er ja schon. Aber neulich hatte Wenzel den Sklaven gemimt. Das war ein Unterschied! Hier im Haus war er genau das Gegenteil. Jetzt ließ er so richtig die Sau raus. Ein Macho durch und durch. "Als heißer Typ hat man ja immer die Weiber am Hals", dröhnte er kumpelhaft, "man wird sie kaum wieder los". Wenzel war jetzt der ganz große King. "Man muss seine Hühner erziehen, die brauchen Druck! Meine Alte habe ich gleich abgerichtet", lobte er sich, "die weiß mit ihren 27 Jahren ganz genau, wo bei mir der Hammer hängt und spurt echt, so, wie es sich gehört!" Ingo hatte gestaunt und nur stumm genickt.
Dann aber trat Frau Wenzel auf den Plan und - bei Gott - Sabrina Wenzel konnte sich sehen lassen. Niedlich, brünett, charmant, kurz - ein tolles Persönchen. Sie freute sich ehrlich über den neuen Mieter und witterte deutlich die Abwechslung. Ingo hatte vor Begeisterung gleich zweimal hingesehen und auch Sabrinas Augen begannen bei Ingos Anblick hell zu leuchten. "Ich helfe Ihnen gern beim Einrichten Ihrer Wohnung", bot sie sich mit gekonntem Augenaufschlag an, "Sie werden sehen, wir machen eine Puppenstube aus dieser Wohnung!" - "Das würde mich riesig freuen", sage Ingo sehr angetan.
XXX
Ingo war begeistert. Er hatte Urlaub genommen und gemeinsam zogen Sabrina und er gleich am nächsten Tag los. Möbel, Gardinen, Bilder, Tassen und Töpfe, alles brauchte seine Zeit. "Wenn ich Sie nicht hätte", schwärmte Ingo nach einer Woche. "Ach i wo", antwortete Sabrina herzlich, "das tue ich doch wirklich gern".
Die Sache lief gut und beide waren bald ein Superteam. Sabrina stand auf der Leiter, hängte die Gardinen auf und Ingo leistete ihr geschickt Hilfestellung. Gemeinsam rührte man den Leim, tapezierte, schwitzte und kam sich schnell näher. Selbst später unter der Dusche wollte die Gemeinsamkeit nicht enden. Zwischen Sabrina und Ingo war ein inniges Verhältnis entstanden und aus der oberen Wohnung eine edle Behausung geworden. Sabrina sorgte sich um alles und Ingo war happy.
"Hast du Lust auf gutes Essen? Soll ich uns mal was besonders Schönes kochen", hatte Sabrina vorgeschlagen. - "Aber nur, wenn ich dir dabei helfen darf," freute sich Ingo. Sie zauberten die tollsten Menüs, aßen und tranken gemeinsam und verstanden sich in jeder Beziehung.
"Wenn Rainer bei seinen Weibern manchmal nicht gleich landen kann, besäuft er sich, kommt unverhofft nach Hause und will am helllichten Tag was von mir", berichtete Sabrina angewidert. "Und? - Was tust du dann", fragte Ingo besorgt. "Nichts natürlich. Ich habe das alles so satt. Zwischen uns läuft zwar nichts mehr, aber es ist ewig der ekelhafte Kampf, wenn er im Suff sein Recht verlangt". - "Das ist ja grauenvoll", sagte Ingo erschüttert, "wie kann ich dir nur helfen?" Sabrina winkte beschwichtigend ab, "ist nicht so tragisch, denn er lässt sich ja tagelang gar nicht blicken!"
Um unverhoffte Überraschungen am helllichten Tage zu vermeiden, war Ingos neue Wohnung nunmehr zugleich Festung und wonniger Ort der Leidenschaft geworden. "Nun siehst du es selbst", sagte Sabrina eines Tages, "Rainer ist wirklich selten zu Hause". - "Und wenn er kommt, ist er voll wie eine Badewanne", bestätigte Ingo, "ob er wohl von unserer Liebe etwas ahnt?" - "Ich weiß es nicht", zuckte sie gleichgültig die Schultern, "aber ich glaube nicht mal, dass es ihn wirklich interessieren würde."
In Rainer Wenzels Stammkneipe jedenfalls, in der sie neulich mal zu dritt waren, weil Ingo endlich seinen "Einstand" geben und sich für die Hilfe der netten Frau Wenzel bedanken wollte, hatte Rainer Wenzel im Suff plötzlich laut gegrölt: "Und das hier ist Herr Huber, Neffe meines Bosses und Hausfreund meiner Frau". Er war sich dabei mächtig witzig vorgekommen und hatte sich vor Lachen auf die Schenkel geschlagen. Seine Saufbrüder hatten ebenfalls beifällig gejohlt und gelacht, Sabrina war diese Situation äußerst peinlich gewesen, aber Ingo hatte fröhlich bestätigend genickt ohne rot zu werden. In dieser Beziehung war er längst ein abgebrühter Hund.
XXX
"Was sagt eigentlich Dein Gewissen zu unserer Unmoral", lachte Sabrina am nächsten Tag. "Wieso? Bin ich verheiratet oder du", konterte Ingo, "und was heißt eigentlich schlechtes Gewissen? Selbst in deinem Beisein hat dieser Kerl doch gestern in der Kneipe die anderen Weiber schamlos angemacht. Eine riesige Unverschämtheit dir gegenüber. Dieser Macho ist einfach ein Schwein!" Dann lachte er und nahm sie in seine Arme: "Ich habe also vollstes Recht auf Deine Wärme und Zuneigung, oder?" Beide kuschelten sich wieder ins Bett.
"Ich habe übrigens am Donnerstag einen Termin beim Anwalt", sagte Sabrina unvermittelt. - "Bei was für einem Anwalt", fragte Ingo, nur um etwas zu erwidern, "hat dich jemand beleidigt? Willst du jemanden verklagen?" - "Ich will endlich die Scheidung", sagte Sabrina danach unerwartet sachlich und Ingo staunte. "Waaas? - Das sagst du einfach so?"
Beide schienen zu überlegen und Ingo sagte gedehnt: "Da kann ich ja nur gratulieren, Kompliment, hast du dir das auch genau überlegt? So plötzlich?" - "Plötzlich findest du das? Ich finde, es wird höchste Zeit. Was bleibt mir denn anderes übrig", schmiegte sie sich wieder an ihn, "das war doch keine richtige Ehe, es war die Hölle." Ingo sah sie an, gab ihr einen Kuss, streichelte ihr Haar und fragte leise: "Und dann möchtest du endlich frei sein?" Sabrina sah ihn zärtlich an: "Ja, ich möchte endlich frei sein - für dich!" - "Das schmeichelt meiner Eitelkeit ungemein", begeisterte sich Ingo, "würdest Du mich denn auch heiraten?" - "Danke für Dein Angebot, aber lass mir bitte Zeit", sagte Sabrina, "erst mal habe ich von der Ehe die Nase voll. Das müsstest du doch eigentlich verstehen". - "Na logo, das verstehe ich schon", maulte Ingo, "aber sagtest du nicht, dass es gar keine richtige Ehe war?" - "Du weißt, wie ich das meine", drückte Sabrina ihren Zeigefinger auf seine Lippen. Ingo zog Sabrina fest an sich, sah ihr tief in die Augen und flüsterte: "Ich glaube, ich kann ohne dich gar nicht mehr leben." Nach kurzer Überlegung flüsterte sie fast unhörbar zurück: "Das brauchst du auch nicht, - ich glaube, mit Dir würde ich es glatt noch mal versuchen. - Ja, dich würde ich nehmen!"



Eingereicht am 07. November 2006 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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