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Mein Geheimnis

© Barbara de Mo


"Yeah - yeah, was geht ab?!", lachst du mich so oft fragend an. Ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke. "Voll konkret krass, Lan", gebe ich dann meistens in meinem besten Ghetto-Slang zurück. Dein anerkennendes "Du bist so cool!", geht mir runter wie Öl. Dieses Lachen von dir, Dein Lächeln lässt mich für gewöhnlich alle meine Sorgen vergessen und stattdessen die Sonne in meinem Herzen aufgehen. Es ist so ansteckend, es wirkt beinahe jetzt noch nach.
Weißt du noch, wie es war, als wir damals Arm in Arm über den Weihnachtsmarkt schlenderten? Wie es sich anfühlte, als ich beiläufig meine Hand von deiner Taille abwärts gleiten ließ? Es schien dir ein wenig unangenehm zu sein, hier vor all den Leuten, doch du entzogst dich mir nicht. Ich streichelte dein wohlgeformtes Gesäß und führte meinen Finger an der Naht deiner Jeans entlang bis zwischen deine Schenkel. Ein spitzer Aufschrei, deine Hand ergriff meine, versetzte sie auf deine Gürtellinie und hielt sie dort fest. Was denn die Leute denken sollten, zischtest du mich erbost an.
Einige Tage später fragte ich dich, was ich denn falsch gemacht habe und du sagtest nur: "Ich möchte nicht, dass Du so etwas noch einmal tust." Ich verstand nicht warum dies dein Wunsch war, aber ich habe ihn respektiert.
Von da an habe ich dich nicht einmal mehr ungebeten angefasst.
Wie gern spürte ich deine zarte Haut an meiner Wange, söge ich den Duft deiner Haare in mich hinein; wie sehr sehne ich mich danach, dich nur einmal zu berühren, deinen weichen Busen zu liebkosen. Ich möchte dich verführen, deine Sinne berauschen, dich in mein dunkles Reich von Lust und Leidenschaft entführen. Was gäbe ich darum, dich nur einmal küssen zu dürfen, deine Zunge mit meiner zu verwöhnen! Je mehr Zurückweisung ich von dir erfahre, desto mehr begehre ich dich. Zehre von der Wärme, die ausstrahlst und lechze nach mehr; doch nach außen zeige ich es nicht. Tapfer wahre ich diese Distanz, ertrage diesen Zwiespalt in mir, wenn Du in meiner Nähe bist.
Es sticht mir ins Herz, wenn ich dich mit diesem anderen Mann sehe. Jeden Tag beobachte ich dieses grausame Schauspiel. An ihn lehnst du dich, sinkst ihm vertrauensvoll in die Arme, flüsterst ihm etwas ins Ohr und kicherst. Ich zwinge mich, mitzulachen und meine Eifersucht nicht zu zeigen. Ich will, dass du glücklich und unbeschwert bist und glaubst, ich sei das auch. Wenn du nur mit ihm glücklich sein kannst, dann lasse ich dir die Freiheit, egal wie sehr es mich schmerzt.
Nur für dich lasse ich meine Haare immer noch wachsen, kleidete ich mich neu ein. Um dir zu gefallen, änderte ich mein Verhalten und feile bis heute an meiner Sprache. Für dich stehe ich jeden Morgen auf, scherze und lache.
Doch deine scheinbar unbekümmerte Heiterkeit trügt, schon seit vielen Wochen. Du bist so zerbrechlich geworden in letzter Zeit, dein Lachen ist sorgenvollem Stirnrunzeln und immer öfter bitteren Tränen gewichen. Es zerreißt mir das Herz, dich weinen zu sehen; ich kann es nicht ertragen, dass du so unglücklich bist. Am liebsten würde ich dich einfach in den Arm nehmen, ganz feste drücken und alles, was dich bedrückt, soll ungeschehen sein.
Wenn ich nur wüsste, was der Grund dafür ist. Vielleicht war es eine meiner Andeutungen?
Einmal sagte ich zu Dir, ich weiss nicht mehr, wie wir darauf kamen, "Ficken ist blöd." Du musstest grinsen und meintest, das fändest du auch und warst überrascht, dass ich es genauso sehe. "Es gibt mehr als Ficken...", erklärte ich dir. Du warst ganz heiß darauf, zu erfahren, was ich damit meinte. "Nein, nicht hier.", wimmelte ich dich ab. Ob in der Schule, wie an jenem Tag, oder anderswo: Ich hätte immer eine Ausrede gefunden. Ich konnte dir doch nicht sagen, wie pervers ich bin. Dass ich darauf stehe, geschlagen zu werden. Dass mich Schmerzen geil machen. Nein, das würdest du nicht verstehen. Versteh' mich nicht falsch, ich schäme mich nicht dafür, dass ich so bin. Aber ich möchte dich nicht unnötig verwirren.
Vor einigen Tagen sprach ich dich noch einmal darauf an, was damals im Winter zwischen uns gewesen war. Ich konnte dir nicht ins Gesicht sehen, mein Blick blieb an dem Kreuz hängen, das du an einer Kette um den Hals trägst. Deine Antwort auf meine Frage war wie ein Schlag ins Gesicht. Du holtest tief Luft, dein Busen hob und senkte sich, und du begannst mit "Wenn Du ein Mann wärst....", dann brachst du ab und als ich verzweifelt in deinen Augen die Fortsetzung zu lesen suchte, blicktest du schweigend zu Boden. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Mit einem Mal wurde mir wieder bewusst, dass ich im Körper einer Frau gefangen bin. Schlagartig wurde mir klar, dass ich dich ohne einen verdammten Schwanz niemals glücklich machen kann. Diese Worte von dir haben sich in meinem Gedächtnis eingebrannt.
Mein Engel, ich weiss nicht, was deine Eltern dir über das Leben erzählt haben, was für Konventionen sie dir mit ihrer christlichen Erziehung eingetrichtert haben. Was ist das nur für ein Gott, der dir verbietet, mit einer Frau glücklich zu sein? Kann das denn sein Wille sein, dass du verzichten musst, weil die Seele eines Menschen im falschen Körper steckt? Was soll falsch daran sein, wenn eine Frau eine Frau liebt? Ist diese Liebe weniger wert als die zwischen Mann und Frau? Ja, ich liebe dich! Auch wenn ich es dir nie gesagt habe. Wie könnte ich auch, wo es dir schon Unbehagen bereitet, wenn ich nur zärtlich zu dir bin?
Ich hoffe, Du ahnst nichts davon. Ich will dir nicht wehtun. Ich fürchte, Dein kleines Herz wäre überladen damit. Du wüsstest nicht, wie du dich mir gegenüber verhalten solltest. Vielleicht würdest du mich sogar meiden. Das kann ich nicht zulassen. Nein, es darf nicht sein. Ich gehe nicht weit fort, nur in eine andere Stadt. Du musst dir keine Sorgen mehr um mich machen. Ich möchte dich beschützen vor all dem Bösen in der Welt, alle Probleme und Problemchen von dir fernhalten.
Und genau darum muss ich dich auch vor mir selbst beschützen. Ich darf dich nicht noch zusätzlich belasten. Darum kann, will und werde ich es Dir nicht sagen, was ich für Dich empfinde.



Eingereicht am 04. Juli 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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