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Katzenliebe

© Hans-Peter Jeuk

"Mietze, ich bin zu Hause! Komm her, ich habe Dein Lieblingsmenü mitgebracht"

Der Tag war viel zu schön, um zu arbeiten. So hatte ich beschlossen, mein Büro einfach zu schließen. Zur Not war ich für ungebuchte Neuankömmlinge oder die paar Gäste, die ich vermittelt hatte, auch übers Handy zu erreichen. Ich hatte das Katzenmenü in ein Schälchen gefüllt, ohne Petersiliensträußchen, meine Katze legte da keinen gesteigerten Wert drauf.

"Komm Mietze, lecker, lecker!"

Sie strich um meine Beine, machte meine Hose voller roter Haare und stürzte sich recht hungrig auf das mitgebrachte Katzenfutter. Sie war auch sonst nicht wählerisch. Aber manchmal, wenn ich, wie heute einen guten Tag habe, muss ich ihr etwas Besonderes mitbringen. Irgendwann wird sie es mir danken.

Ich legte mich auf die Liege auf der Terrasse, das Handy zur Not neben mir. Ich zog mir das Hemd aus und ließ mir den Bauch bräunen. Die Februarsonne ist hier am schönsten. Wenn man etwas vorgebräunt ist, braucht man sich auch nicht einzukremen. Nur den Touristen sage ich das nicht. Die sind auch nicht vorgebräunt. Mietze, das ist wirklich ihr Name, legte sich auf die steinerne Bank und hielt ein Schläfchen. Ich auch. Muss wirklich eingenickt sein.

Mietze liegt immer noch auf der Bank. Sie blinzelt mich an. So einer Katze muss es doch Sterbens langweilig sein. Was macht eine Katze so den ganzen Tag? Fressen, trinken, schlafen und wieder von vorne. Sie braucht nicht zu jagen, sie tut es gelegentlich aus Langeweile. Mäuse oder kleine Vögel. Dann wieder dösen, ist alles viel zu anstrengend. Wie jetzt, döst und schaut mich dabei an. Als wenn sie mir was sagen will.

"Ich bin."

Ich kraule sie unterm Hals, da wo sie's am liebsten hat. Sie schnurrt, leise.

"Ich bin Mietze!"

"Ja, Du bist meine Mietze!"

Ich rede zu meiner Katze, ja, so wie andere auch zu Hunden oder zu kleinen Babys, die ja auch noch nichts verstehen. Aber immer noch besser als Bababa und Dadada oder sonst einen Quatsch. Was mag in so einem Kind vorgehen, oder in einem Hund oder einer Katze, wenn man mit ihnen redet.

"Ja, ich bin Deine Mietze! Ich weiß das!"

"Sprichst Du jetzt mit mir?"

So ein Unsinn, jetzt habe ich geglaubt, die Katze erwidert mein Gesülze.

"Du bist mein Herrchen, Du versorgst mich."

Habe ich Halluzinationen? Ich glaube wirklich, meine Katze spricht zu mir. Aber das sind keine Worte, das sind Gedanken. Was ich da empfange ist nicht wörtlich zu nehmen, es entsteht in meinem Gehirn, wie meine Gedanken!

"Ich bin Mietze und ich bin Deine Katze! Ich weiß das jetzt, auf einmal!"

Meine Katze hat das Bewusstsein entdeckt!

"Wo ist Dein Ball?"

Ich weiß es nämlich nicht.

"Unter dem kleinen Schrank in der Küche." kommt der Gedanke zurück.

Ich springe auf, das muss ich sehen. Der Ball ist schon so lange weg. Ich beuge mich auf den Küchenboden und sehe unter den Schrank. Oh, Staubfäden über Staubfäden. Ich muss noch mal gründlich saubermachen! Aber da ist der kleine blaue Ball, mit dem sie so gerne gespielt hat. Muss sie wohl an Mäuse erinnert haben. Ich angele den Ball hervor, und wische den Staub ab. Dann rolle ich ihn auf die Terrasse, knapp an Mietze vorbei, so dass sie normalerweise hinterflitzt. Doch sie bleibt regungslos sitzen und starrt mich an.

"Siehst Du, wusste ich doch!"

"Hast ja recht. Aber woher wusstest Du, dass er da liegt?"

Ich rede schon wieder mit meiner Katze.

"Er ist vor Wochen schon darunter gerollt, und ich kam nicht dran!"

Tja, sie hat wohl recht. So beginne ich eine regelrechte Diskussion mit meiner Katze. Unglaublich was sie mir so alles zu erzählen weiß.

"Und dann noch etwas. Du bist zu viel allein seit Juanita Dich verlassen hat. Das ist schon fast 2 Jahre her. Die Hälfte meines Lebens! Du brauchst wieder eine Frau!"

"Und woher soll ich eine nehmen? Die Guten sind vergeben und die übrig gebliebenen will ich auch nicht!"

"Wie wärs mit Signora Mapuchi, von gegenüber? Die ist doch sehr nett, und hat auch einen süßen Kater in meinem Alter!"

"Ach, die ist doch mit dem schlaksigen Typen verheiratet."

"Das stimmt nicht! Senor Mapuchi ist nicht ihr Mann, der ist ihr Bruder. Sie ist geschieden und ihr Bruder ist, als seine Frau gestorben ist, zu seiner Schwester gezogen. Sie hat ihren Mädchennamen wieder angenommen. Er wohnt oben, sie unten. Damit der Kater, sie nennt ihn Tiger, leichter rein und raus kann. Tiger hat auch Bewusstsein, genau wie ich. Wenn Du willst können wir ein Treffen für Euch beiden arrangieren."

"Was Du nicht sagst."

Und genauso kommt es. Die Katzen verständigen mich, wann Signora Mupuchi in den Supermarkt fährt. Ich fahre auch und wir treffen uns. Ganz zufällig! Und auch ganz zufällig verabreden wir uns zum Abendessen. Jeder muss ja mal was essen. So kommt es dass wir uns des öfteren treffen und am Wochenende auch mal zum Wandern gehen. Wir kommen uns näher, sie zieht zu mir, ihr Bruder zieht nach unten.

Sie bemerkt des öfteren, dass ich mit meiner Katze anders rede, als sie mit ihrem Tiger. Darauf angesprochen finde ich, dass ich das Geheimnis lüften muss.

"Ich kann tatsächlich die Gedanken meiner Mietze wie meine eigenen Gedanken empfangen, und Du kannst das sicherlich auch, mit ihr und auch mit Tiger!"

Ich erzähle, wie das angefangen hat und auch wie unsere zufälligen Begegnungen zustande gekommen sind.

"Tiger, komm bitte mal her! Ich muss mit Dir reden!"

"Jetzt rede ich zu meinem Kater schon genau wie Du zu Mietze! So ein Unsinn!"

"Du hast mich gerufen, Isabella?"

"Was, hast Du zu mir gesprochen?"

Und sie kann es auch! So leben wir nun seit Monaten zusammen wie 4 Freunde. 2 Menschen, die sich mittlerweile lieben gelernt haben, und 2 Katzen, bei denen es, glaube ich, genauso ist.

Es ist Wochenende, heute ist mein Büro geschlossen. Wer was will, soll mich auf dem Handy anrufen. Oder besser auch nicht. Aber wer soll auch anrufen. Mein Maklerbüro geht nicht besonders. Isabellas Unterhalt von ihrem Ex-Mann kommt da gerade wie gerufen. So habe ich Geld, Zeit habe ich sowieso, um das Haus zu renovieren. War auch mal nötig! Ich habe mein Büro für Immobilienverkauf und Vermietung von Ferienhäusern und - Wohnungen zwar auch über Reiseunternehmungen angeboten, aber viel kommt da nicht. Dabei habe ich ganz tolle Ferienhäuser im Angebot. Doch meistens sitze ich in meiner Rezeption, sprich Büro, nur rum und langweile mich.

"Ich habe eine Idee, die uns Arbeit, Abwechslung und auch noch Geld einbringt!"

"Was willst Du machen, Banken überfallen? Denke, wir leben auf einer Insel, da wird die Flucht schwierig!"

"Nein, nichts illegales, zumindest nichts was als illegal bekannt wäre!"

"Und was wäre das?"

"Ein Eheanbahnungsinstitut!"

"Das ist doch nichts Neues."

"Meines doch! Mietze hat mir berichtet, dass immer mehr Katzen zu Bewusstsein kommen. Und Katzen gibt es hier auf unserer Insel mehr als Menschen."

"Du meinst? Du meinst, die Katzen sollen die passenden Partner suchen?"

"Genau das! Ist doch nicht illegal?"

Unser Institut wird ein voller Erfolg! Ich habe ein neues Büro bezogen, das Geschäft boomt.

"Wir werden bald noch mal vergrößern müssen, wenn das so weitergeht."

"Das glaube ich allerdings nicht."

"Warum? Schau die Zahlen der erfolgreichen Vermittlungen an! Zuwachsraten, da wäre jedes Unternehmen stolz drauf. Jetzt wird es erst richtig toll. Ich habe ein neues Logo für unsere Firma registrieren lassen: Die Insel in Herzform als Insel der Liebe!"

"Das ist ja toll und schön. Nur, es ist eine Insel, und lange wird es nicht mehr dauern, dann sind alle Singles vergeben. Zum Teil eben auch durch uns. Aber bald ist Schluss!"

"Dann müssen wir eben expandieren! Wir werden weltweit arbeiten müssen, das nennt man Globalisierung! Wofür gibt es das Internet?"

"Nur, wie kriegen wir die Katzen ins www?"



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