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Eingereicht am
16. Juni 2007

Frühstück

© Ingrid Linnenberger

"Wie viel Geld haben wir noch?" Im Kühlschrank liegt noch ein Päckchen Margarine, eine halbe Tube Senf und ein geschrumpftes Radieschen in der Gemüseschublade. Schade, da muss ich meinen Kaffee heute ohne meine geliebte Milch trinken und für die Kinder gibt es keinen Kakao.

Es ist Wochenende; die Kinder schlafen noch. Er kommt in die Küche und schaut mich an, dunkle Augenringe, verknittertes Gesicht, wie jeden Morgen. "Ein paar Euro haben wir noch. Soll ich schnell in den Supermarkt?". Ich setze mich auf die Eckbank und schau aus dem Fenster. Die frühen Sonnenstrahlen zwingen mich dazu, meine Augen zu schließen. Das trifft sich gut. So bleibt es mir erspart ihn anschauen zu müssen. Ich versuche ruhig zu bleiben und sage zu ihm: "Wir brauchen Milch, Eier und Brot. Lass heute den Alkohol mal weg. Unser Geld reicht hinten und vorne nicht."

Ich höre wie er die Küche verlässt; Einsamkeit und Ohnmacht steigen an mir hoch. Wut und Zweifel machen sich breit. Du blöde Kuh, warum bist du nicht gefahren? Warum? Weil ich seine schlechte Laune nicht ertragen kann. Weil er dann wie ein Häufchen Elend, bleich und zitternd herum kriecht, von einem Zimmer in das andere. So ist er gut gelaunt, lacht, spielt mit den Kindern, auch wenn ich ihn dann am Liebsten umbringen würde, ich seine Gestik nicht ertragen kann, seine Stimme mich ankotzt, sein Gelaber mich anwidert. Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht.

Meine Kinder kommen lachend in die Küche. Wir schmusen miteinander und decken dann gemeinsam den Tisch. Der Kaffee durchströmt mit seinem Aroma die Küche. "Papa ist noch schnell in den Supermarkt, Milch kaufen" Ich höre den Schlüssel an der Tür. Er kommt herein, stellt Milch, Eier und eine Tüte frische Brötchen auf den Tisch. Er lächelt die Kinder an und blickt mir in die Augen. "Du kannst mir schon mal Kaffee eingießen. Komme sofort." Dann ist er weg.

Die Kinder albern herum und ich schütte das Kakaopulver in die Tassen. Ich gieße mir die heißgeliebte Milch in meinen Kaffee. Die Kinder greifen sich ihre Tassen und ich schlürfe meinen Kaffee.

Er kommt, setzt sich zu uns an den Tisch und fragt gut gelaunt: "Und, was machen wir heute?"




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