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Du sollst nicht töten!

© R.J. Sparetime


Gott sagt: "Du sollst nicht töten."
Aber was ist, wenn dir das Leben keine andere Wahl lässt?
Hältst du dann auch die andere Wange hin?
Stirbst du für dieses Gebot?
Gibst du dein Leben her?
Oder Lebst du mit der Sünde?
Ich habe mich entschieden.
Aber was ist mit dir?
Auf welche Seite stehst du?
Das ist meine Geschichte …
Das Leben ist härter geworden, schneller und gefährlicher. Jeden Tag sterben Menschen. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Was aber ist mit den Dunkelziffern?
Wer kann schon die wirkliche Grausamkeit der Welt ohne eine Verblendung des eigenen Geistes erkennen? Ich war dazu lange nicht in der Lage. Ich trug wie viele Menschen die rosarote Brille und ließ mich vom Strom der Allgemeinheit mitreißen. Bloß nicht auffallen, um jeden Preis. Du gibst einen Teil von dir auf, für die Gesellschaft, für die anderen. Alle sollen gleiche seien, nur maschinelle Arbeiter. Mittel zum Zweck, nichts weiter, füge dich in die Gesellschaft ein oder geh in der Einsamkeit elendig zu Grunde. Auch ich war so, lange Zeit. Einer von vielen. Das Leben in der Masse hat aber auch seine Vorteile. Du kannst dich in ihr verstecken. Vor vielen Dingen. Nur nicht vor dem Schicksal. Denn auch mich fand es in der Masse.
Es war eine Zeit in der die Panik vor Überfällen grassierte. Viele besorgten sich Waffen, zum Schutz für Leib und Leben, auch ich war einer von ihnen. Eine Beretta Model 92FS, fünfzehn Schuss passten ins Magazin, mehr als genug. Ich trug ihn immer bei mir, er gab mir das Gefühl Sicherheit und vor allem gab er mir Macht über Leben und Tod. Damals war mir diese Macht noch nicht bewusst, aber heute ist sie es.
Die Tage verstrichen und das Gefühl der Sicherheit vergangener Tage stieg wieder. Viele ließen ihre Waffen nun zuhause. Aber nicht ich. Jeden Tag trug ich sie bei mir. Ich brauchte ihre Sicherheit, auch wenn es eine fadenscheinige Sicherheit war. So rieselte der Sand des Lebens weiter.
Ich bin nicht reich, war es nie und wird es wohl nie werden. Aber es ging mir gut. Ich hatte nur wenig Sorgen. Doch dieser eine Abend sollte alles verändern.
Es war ein ganz normaler Arbeitstag gewesen, ein bisschen anstrengend vielleicht, aber sonst ganz normal. Ich war gerade auf dem Nachhauseweg. Ich wohnte nur wenige hundert Meter von meinem Arbeitsplatz entfernt und darum ging ich den Weg immer zu Fuß.
Plötzlich sprang eine Gestalt aus der Seitengasse und zog ein Messer. Es war wie im Film.
So unwirklich und doch war es die Realität. Meine Gedanken rasten unwillkürlich zu meiner Aktentasche, in der sich meine Waffe verbarg. "Geld her!" Das waren seine Worte, nicht mehr und nicht weniger. Er fuchtelte nur ein wenig mit seinem Messer rum, das war's.
Und der wollte mir Angst machen? In diesem Moment wurde ich ein anderer Mensch. Meine Angst verließ mich, mein Zögern verschwand. Hastig griff ich in meine Tasche und holte die Waffe hervor. Ich entsicherte sie und lud durch, wie ich es schon so oft Zuhause geübt hatte.
Ich hielt sie ihm genau an den Kopf und er ließ fast reflexartig das Messer fallen.
"Was nun?", fragte ich mit einer nie gekannten Arroganz und Selbstsicherheit in meiner Stimme. In diesem Moment verstand ich, was es heißt, Macht zu haben. Morde geschehen nicht sinnlos, es ist die Macht. Man schwelgt in diesem Zustand unendlicher Macht. Man ist Gott, Herrscher über Leben und Tod.
Ich musste unwillkürlich Grinsen. Ich hatte Macht!
"Hey man, das war doch…"
"Was?", unterbrach ich ihn. "Spaß? Was glaubst du denn was das hier ist?"
Ich genoss den Augenblick in vollen Zügen. Gott zu sein war herrlich. Ich liebte es mit seiner Angst zu spielen, mit seiner Verzweiflung. Ich mochte dieses Gefühl. Es war wie ein Rausch. Ich schlug ihn mit der Waffe ins Gesicht.
"Was war es?", fragte ich nun weitaus grober. Wie gerne hätte ich mich von außen gesehen. Ich musste verdammt cool ausgesehen haben, mit diesem Werkzeug des Todes in der Hand.
Wie ein Gott eben. Wie der Gott des Todes.
Der Typ fing an, zu zittern und fiel auf die Knie. Er war vielleicht dreiundzwanzig schätze ich. Noch ziemlich jung. Aber war das eine Entschuldigung? Nein!
"Es tut mir leid", stammelte er. "Dafür ist es nun zu spät", sagte ich kalt.
"Steh auf."
"Scheiße, man, bring mich nicht um." Er zitterte nun noch heftiger und Tränen benetzen seine Wangen.
Ich lächelte nur. Versuchte diesen Moment in mich aufzusaugen, ihn für immer sicher zu verwahren.
"Steh auf", fuhr ich ihn an. Und er stand auf. Ich hatte Macht!
"Beweg dich." Wir gingen in die dunkele Gasse hinein, aus der er gekommen war.
"Es tut mir leid, ich mach alles, aber bitte töte mich nicht." Ich wusste, dass er alles getan hätte. Ich hatte sein Leben in der Hand. Ich war Gott.
"Halt's Maul!" Meine Stimme war so kalt, wie Eis, so hart, wie Stein, so scharf, wie eine Rasierklinge.
Ich lächelte. Der Junge wimmerte, doch sein Schluchzen verschwamm zu einem leisen Plätschern, wie ein Bach, der die Nerven nach einem hektischen Tag in der Stadt beruhigt und dich abschalten lässt. Ich genoss es. Stille. Friedliche Stille.
Nur ein Schuss durchbrach die Nacht und ein lautes Knallen, als sein toter Körper auf dem Boden fiel.
Ich hätte ihn nicht töten müssen, aber ich wollte es so. Einfach um zu gucken, wie weit meine Macht ging. Und sie ging sehr weit. Das Gefühl vollkommener Ekstase, stieg noch um einige Prozentpunkte. Gemächlich ließ ich mich darin treiben. Verschloss es tief in meinem Herzen, damit es immer da war. Ich packte die Waffe zurück in meine Tasche und ging nach Hause. Schließlich musste ich morgen wieder arbeiten.
Die Tage vergingen. Die Zeit rannte weiter und das Gefühl der Macht verging. Ich verlor es. Die Zeit riss es mir davon. Stahl meine Erinnerungen. Meine kostbaren Erinnerungen.
Nun war wieder Leere da. Ich sehnte mich jeden Tag wieder nach diesem Gefühl. Jede Faser meines Körpers wollte wieder in diesem Rausch schwelgen. Also beschloss ich ihn mir zu holen. Ganz einfach…
Ich suchte mein Opfer, weit weg von Zuhause. Es war dunkel, es war still. Und eine ältere Frau kam die Straße entlang. Unwissend, dass ich in der nächsten dunklen Gasse schon auf sie wartete. Als sie vorbeiging, packte ich sie und riss sie hinein.
Sie stürzte. Ich hatte Macht! Endlich wieder Macht!
Verstört und mit schmerzverzerrtem Gesicht schaute sie zu mir hoch. Ich lächelte.
"Steh auf!", befahl ich barsch. Die alte Frau richtet sich langsam, vor Schwäche zitternd, auf.
Sie war alt und schwach. Ich tat ihr sicher nur einen Gefallen.
Die Angst und das Entsetzen standen ihr ins Gesicht geschrieben. Sie hätte sicher nicht gedacht, dass ihr so etwas jemals passieren würde. Das hatte ich auch nicht, doch das Schicksal hatte es so gewollt. Alles war Schicksal, auch das hier.
"W…Was soll das?", ihre Stimme zitterte ängstlich.
Das Gefühl war wieder da, in seiner ganzen Pracht. Ich hatte Macht!
"Was soll, was?", frage ich und die Kälte von damals kam in meine Stimme zurück.
Die Frau zitterte nun noch mehr und brachte kein Wort mehr heraus.
Ich zog meine Waffe und zielte auf ihren Kopf. Ihr Leben in meiner Hand.
Ich schaute sie noch ein letztes Mal an, wollte das Entsetzen in ihrem Blick sehen, wenn ich abdrückte. Ich schoss. Nur einmal, aber sie war augenblicklich tot. Der Rausch begann.
Wieder spürte ich die Ekstase. Fühlte mich wieder vollkommen.
Es vergingen wenige Tage, als der Durst mich wieder packte. Ich war süchtig. So tötete ich weiter, tötete mehr, tötete besser. Ich hatte Macht!
Ich lebte, um zu töten. Ich brachte die Menschen nicht wegen ihres Geldes um, sondern nur wegen ihres Lebens…
Das Leben ist härter geworden, schneller und gefährlicher. Jeden Tag sterben Menschen. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Was aber ist mit den Dunkelziffern?
Ich muss es doch wissen. Denn ich bin ihr Mörder …



Eingereicht am 06. Februar 2007.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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