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»»»   Manfred Schröder: Die verräterischen Spuren. Ein Jogger findet eine Leiche im Park. Hauptkommissar Virtanen ermittelt.

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Die verräterischen Spuren

© Manfred Schröder

"Ein Jogger fand die Frau, als er seinen morgendlichen Parklauf absolvierte", sagte der Polizeibeamte zum Hauptkommissar Virtanen, der sich gerade eine neue Zigarette anzündete.

Virtanen nickte. "Ist er das?" Er zeigte auf einen Mann, der in einem Trainingsanzug neben einem Polizeiwagen stand. Man sah ihm an, dass er schnell wieder nach Hause wollte.

"Ja", gab der noch junge Beamte, der jetzt auch gerne eine Zigarette geraucht hätte, zur Antwort.

Hauptkommissar Virtanen warf einen kurzen Blick zu den Männern der Spurensicherung und zum Polizeiarzt, der gerade dazugekommen war, und wandte sich dann an seinen Assistenten Pentti Aho: "Fahren Sie schon ins Präsidium und überprüfen Sie die Papiere der Frau. Ja, Nina Hartonen. Vielleicht ein Freudenmädchen. Ich gehe zu unserem Jogger, dem es wohl auch schon zu lange wird."

Sein Schädel brummte immer noch, trotz des Aspirins. Er hatte bis spät nach Mitternacht den Geburtstag seines Bruders gefeiert und wie er nach Haus gekommen war, wusste er nicht. Als ihn in aller Frühe das Telefon wachklingelte, lag er angekleidet auf seinem Bett.

Der morgendliche Parkläufer war schon ein älterer Herr, mit schütterem blondem Haar und einem Bauchansatz, den er wohl herunterlaufen wollte. Er blickte erwartungsvoll auf den Kommissar.

"Guten Morgen. Ich bin Hauptkommissar Virtanen. Sie haben also die Frau gefunden?" Er zog einen kleinen Notizblock aus seiner Manteltasche. "Falls Sie etwas bemerkt haben ... Und wie ist Ihr Name?"

"Erkki Johansson. Ja, als ich an dem Gebüsch vorbeilief, sah ich zwei Füße hervorragen. Ich dachte zuerst, da läge ein Betrunkener und wollte schon weiterlaufen. Sie wissen ja, hier im Sibeliuspark schläft so mancher seinen Rausch aus."

"Gesprächig scheint er ja zu sein", dachte der Hauptkommissar.

"Und dann haben Sie trotzdem nachgeschaut."

Sein Gegenüber fühlte sich unbehaglich. "Ja. Irgendwie hatte ich so ein Gefühl, dass ..."

Virtanen nickte. "Verstehe. Und sonst ist Ihnen nichts aufgefallen? Irgendetwas gesehen? Und die Leiche haben Sie nicht angefasst?"

Der Mann schüttelte den Kopf. "Natürlich nicht!"

Virtanen zog eine Karte aus seiner Brieftasche. "Hier ist die Adresse des Präsidiums. Kommen Sie morgen früh um neun Uhr dorthin. Dann werden wir noch ein richtiges Protokoll aufnehmen. Reine Formalität." Er lächelte. "Na, Sie können gehen."

Der Andere war sichtlich erleichtert. "Ja, bis morgen."

Virtanen nickte und ging zum Polizeiarzt, der neben der Leiche stand und sich Notizen machte.

"Nun, Doktor. Können Sie schon was Bestimmtes sagen?"

Der Polizeiarzt, Pentti Salonen, ein kleines rundes lebhaftes Männchen, dessen rote Nase auf einen Weinliebhaber schliessen ließ, zuckte die Schultern. "Kein Sexualdelikt. Vielleicht ein versuchtes. Doch ihre Kleider sind nicht zerrissen. Oder ein Überfall aus noch nicht ersichtlichen Gründen. Sehen Sie, die Wunde am Kopf? Sie hat zum Tod geführt. Mit aller Gewalt wurde der Kopf gegen diesen Baum geschlagen. Ausgerutscht kann die Frau nicht sein. Dann hätte sie höchstens eine Gehirnerschütterung erlitten. Aber hier liegt ein Schädelbruch vor."

Virtanen blickte in das Gesicht der Frau. Den Papieren nach war sie knapp über dreißig. "Und wie lange ist sie schon tot?"

Der Polizeiarzt zuckte die Schultern. "Im Moment kann ich noch nichts Genaues sagen. Schätze drei Stunden. Oder auch vier."

Virtanen blickte auf seine Uhr. Es war jetzt kurz vor halb acht. "Also so zwischen drei und vier Uhr."

Er wandte sich an den Leiter der Spurensicherung. "Und was habt ihr?"

Der Leiter der Gruppe, Harry Holmén hob bedauernd seine Hände. "Nicht viel. Aber immerhin Abdrücke von Schuhen, hier gleich am Baum."

Virtanen nickte. "Na, ist wenigstens etwas. Um vier Uhr ist Lagebesprechung."

Auf dem Weg zum Präsidium hielt er noch an einer Apotheke an und kaufte eine Schachtel Aspirin.

Die Nachtmittagsbesprechung brachte nicht viel. Außer dass Nina Hartonen in der Tat ein Freudenmädchen gewesen war. In ihrer Handtasche fand man ein Notizbuch mit Adressen verschiedener Männer. Und dann hatte man noch Fotos von den Abdrücken der Schuhe.

"Na, dann an die Arbeit, Jungs. Mal sehen, wer von den Herren am ehesten nervös wird", munterte Virtanen die anderen auf.

"Bleiben Sie noch hier?", fragte Aho, als die anderen schon gegangen waren.

Virtanen nickte. "Ich muss über etwas nachdenken."

Als Aho den Raum verlassen hatte, inspizierte er noch mal die Fotos der Schuhabdrücke. Es schienen italienische Schuhe zu sein. Morgen würde man mehr wissen. Er trat ans Fenster und blickte auf den Hof. Eine Zeitlang stand er so da. Plötzlich durchzuckte es ihn. Er ging zum Tisch, setzte sich und zog seinen rechten Schuh aus. Auch er trug italienische. Angespannt verglich er die Sohle mit den Fotos. Das Muster stimmte überein. Und Spuren von brauner Erde waren in den Rillen zu sehen. Dieselbe braune Erde wie im Park.

Er atmete schwer, in seinem Kopf hämmerte es. "Wo war ich in der Nacht, als ich meinen Bruder verließ?" Für den Bruchteil einer Sekunde stand ein vages Bild vor seinem geistigen Auge. "An irgendetwas muss ich mich doch erinnern!" So sehr er sich anstrengte, die Stunden waren aus seinem Gedächtnis verschwunden. Doch es gab diese Fotos.

Gegen Abend kam Aho nochmals ins Büro zurück. "Na", sagte er erstaunt, "Sie sind immer noch hier."

Virtanen erhob sich schwer. "Fühle mich nicht wohl. Werde jetzt nach Hause gehen. Und was habt ihr herausgefunden?"

Aho strahlte. "Habe einige", er hob das Notizbuch des Freudenmädchens triumphierend in die Höhe, "für morgen aufs Präsidium bestellt. Fühlen sich bestimmt alle nicht wohl in ihrer Haut. Hab ein gutes Gefühl."

Virtanen klopfte Aho auf die Schultern. "Gut! Ich werde nach Hause gehen. Hab immer noch diese verdammten Kopfschmerzen."

Diese Geschichte beruht auf einem Zeitungsartikel, den ich vor vielen Jahren einmal in einer französischen Zeitung las, wo ein Polizeibeamter wegen eines ähnlichen Falles Selbstanzeige erstattete.

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