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Der gestohlene Mondstein

© Nessi Dominkus


In der friedlichen Elfenwelt herrschte seit gestern ein hektisches Durcheinander. Ihr höchstes Gut, der geheimnisvolle Mondstein, der alles Böse von ihrer heilen Welt fernhielt, war verschwunden. Luna, die Mondgöttin, hatte ihn gestohlen, um die Elfen aus ihrem Reich zu locken. Sie brauchte ihre Hilfe, denn ihr all so geliebtes Einhorn Sternenglanz, war entführt worden. Aber ohne einen triftigen Grund, würden sich die Elfen nie so weit von ihrem Reich entfernen. Die Elfenkönigin wählte die junge Elfe Desirana dazu aus, Lunas Sternenglanz zu finden, und den Mondstein zurück zuholen. Zu ihrer Unterstützung sollte sie der Elf Helgemon begleiten. Die Beiden machten sich sofort auf den Weg. Als sie an einem Wald vorbeikamen, hörten sie ein lautes wildes Geschrei und Gezetere. Neugierig geworden, wer denn da so schrie und wetterte, betraten sie den Wald. Schnell hatten sie den Schreihals gefunden. Es war ein Zwerg. Er hatte einen wild zerzausten grauen Bart, und lag zappelnd auf dem Boden.
"Warum schreist du denn so erbärmlich?", fragte Desirana. "Und warum zappelst du so?", wollte Helgemon wissen. Der Zwerg wurde noch wütender.
"Habt ihr denn keine Augen im Kopf? Seht ihr nicht, dass ich in eine Falle geraten bin?" Die Elfen hatten Mitleid mit dem Zwerg, und befreiten ihn. Dann wollten sie wissen, wer denn so gemein sei, und Fallen aufstellt.
"Das waren die Trolle und die Gnome, diese hinterlistigen Kerle. Bei Tag kann man sie nicht finden, weil sie sich in ihren Erdlöchern verstecken. Aber in der Nacht, da kommen sie heraus, und stellen die Fallen auf." "Aber warum sollten sie das tun", wandte Helgemon ein.
"Hier, deshalb!" Der Zwerg kramte ein Säckchen aus seinem Rock, und öffnete es. Die Elfen bekamen vor Staunen große Augen. In dem Säckchen funkelte und glitzerte es in allen Farben. Es war gefüllt mit wertvollen Edelsteinen.
"Oh, sind die schön", entfuhr es Desirana.
"Ich schenke sie euch, weil ihr mir das Leben gerettet habt. Ach übrigens, ich bin Graubart", stellte er sich vor.
"Und wir sind die Elfen Desirana und Helgemon. Aber deine Edelsteine wollen wir nicht haben." "Nun gut", sagte der Zwerg und zog eine rote Mütze hervor.
"Dann nehmt wenigstens diese Mütze zum Dank. Es ist eine Tarnkappe, und vielleicht wird sie euch eines Tages retten." Die Elfen bedankten sich, nahmen die Mütze und setzten ihren Weg fort. Nach einer Weile kamen sie an eine große unüberwindbare Felswand. Enttäuscht, dass ihr Weg hier enden sollte, lehnten sie sich an den Felsen.
"He, was soll das", ertönte eine tiefe grollende Stimme.
"Ihr könnt euch doch nicht einfach an mich anlehnen." Die Elfen erschraken, und machten einen Schritt zurück.
"Wer war das?", flüsterte Desirana. Helgemon zuckte nur mit den Schultern. Da ertönte die Stimme schon wieder.
"Das war ich, ihr dummen Elfen. Könnt ihr mich denn nicht sehen?, obwohl ihr direkt vor mir steht?" Tatsächlich! Als die Elfen die Felswand genauer betrachteten, bemerkten sie, dass sie sich bewegte.
"Wer bist du?", fragte Helgemon. "Was ist geschehen?", wollte nun auch Desirana wissen.
"Man sieht es zwar nicht, aber ich bin der Zauberer Magisto", antwortete der Fels.
"Aber Kasandra, diese alte Hexe, hat mich in dieses Gestein hier verwandelt. Und nur, weil ich den Fehler machte, bei unserem Duell in ihre listigen Augen zu sehen. Dadurch konnte sie mir meine Zauberkraft stehlen." Die zwei Elfen überlegten, was sie tun könnten, um dem armen Zauberer aus seiner misslichen Lage zu befreien.
"Vielleicht können wir dir helfen", meinte Desirana, und holte wie aus dem Nichts, ihr kleines goldenes Buch der geheimen Elfenzauberformeln, aus ihrem Kleid hervor.
"Sieh mal Helgemon, das könnte funktionieren", sagte sie, und zeigte auf eine bestimmte Seite in ihren Büchlein. Die Elfen hielten sich ganz genau an die Gebrauchsanweisung der Zauberformel. Abwechselnd murmelten sie beschwörende Zaubersprüche, und malten mit ihrem Zauberstab geheimnisvolle Zeichen in die Luft. Und siehe da, das Felsgestein fing an zu bröseln, und löste sich in Staub auf. Mittendrin stand Magisto, und musste fürchterlich husten. Er hatte wohl zuviel Staub geschluckt. Dann klopfte er sich den Schmutz aus seinem prächtigen, dunkelblauen mit unzähligen goldenen Sternen übersäten Samtmantel, rückte seinen Spitzhut zurecht, strich seinen langen weisen Bart glatt, und sagte anerkennend:
"Donnerwetter, das habt ihr aber gut gemacht. Dafür bin ich euch zum Dank verpflichtet. Sagt was ich für euch tun kann." Desirana überlegte nicht lange und sagte:
"Du kannst wirklich etwas für uns tun. Weißt du vielleicht wer Lunas Einhorn entführt hat? Sie will, dass wir ihr helfen, und hat uns deshalb unseren Mondstein gestohlen." Der Zauberer lachte freundlich und meinte:
"Natürlich weiß ich wer Sternenglanz hat, und ich weiß auch wo ihr ihn finden könnt. Aber das ist sehr gefährlich. Die Hexe Kasandra hat das Einhorn. Sie nimmt sich alles was ihr gefällt." Dann erklärte er den Elfen den Weg zum Hexenwald. Diese bedankten sich, und machten sich auf den Weg.
"Halt, wartet", rief ihnen Magisto hinterher. "Vergesst nicht, dass ihr nicht in ihre Augen schauen dürft. Sonst seid ihr verloren. Und wenn ihr meine Hilfe braucht, ruft so laut ihr könnt meinen Namen." Der Weg war ziemlich beschwerlich. Aber dann hatten sie es geschafft. Vor ihnen lag ein düsterer dunkler Wald. Die Elfen wussten sofort, dass dies der Hexenwald war. Kein Lüftchen bewegte sich, und kein einziges Vögelchen war zu hören. Als Desirana und Helgemon den Wald betreten wollten, stießen sie an eine unsichtbare Wand.
"Das ist das Werk der Hexe. Sie will uns nicht in den Wald lassen", stellte Helgemon fest. Da nahmen sie ihre Zauberstäbe, berührten die unsichtbare Wand, und schon war der Weg frei. Die Elfen zogen es vor, durch den Wald zu fliegen. So waren sie sicher, dass sie nicht in eine Falle gerieten. Dann sahen sie die Hexe. Sie hockte hinter ihrem halbverfallenen Holzhaus in einem Gebüsch, und wartete auf die Eindringlinge. Hinter dem Hexenhaus befand sich ein großer eingezäunter Platz, auf dem das Einhorn stand. Es war strahlend weis und wunderschön anzusehen. Auf seiner Stirn wuchs ein langes silbernes Horn. Nervös scharrte es mit dem Vorderhuf. Endlich hatten sie es gefunden. Als die Elfen über der Hexe schwebten, rief Helgemon: "He, Kasandra, wartest du etwa auf uns?" Erschrocken blickte die Hexe nach oben. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Elfen geflogen kamen.
"Wie könnt ihr es wagen, meinen Wald zu betreten", schimpfte sie.
"Kommt sofort herunter ihr Feiglinge, oder ich hexe euch weg." Die Elfen stülpten sich Graubart's Tarnkappe über, und landeten genau vor der Hexe. Zum Glück war die Kappe so groß, dass sie beide darunter passten. Kasandra war außer sich vor Wut. Sie konnte die beiden nicht mehr sehen, und fuchtelte wie wild mit dem Armen umher.
"Wo seid ihr? Wo seid ihr, schrie sie dabei immer wieder. Und weil sie gar so wild fuchtelte, erwischte sie die Tarnkappe, und plötzlich konnte sie die Elfen sehen.
"Jetzt wird es euch schlecht ergehen", kreischte die Hexe. Im selben Augenblick rief Desirana so laut sie nur konnte: "Magisto." Schon stand der Zauberer vor ihnen. Das ging alles so blitzschnell, dass die Hexe nicht mehr reagieren konnte. Magisto breitete einfach seinen Umhang aus, sprach einen Zauberspruch, und schwups, war die Hexe weg.
Das war eine Freude. Glücklich umarmten die Elfen ihren Freund den Zauberer. Sternenglanz wieherte übermütig, und galoppierte ausgelassen hin und her.
"So meine lieben Freunde, jetzt könnte ihr Sternenglanz ungehindert zu seiner Herrin bringen." Dann verabschiedete er sich, und verschwand so schnell wie er gekommen war. Der Weg zu Luna war leicht zu finden. Desirana und Helgemon setzten sich einfach auf dem Rücken von Sternenglanz, und ließen sich tragen. Das Einhorn wusste ganz genau wo es zuhause war. Schon bald konnten sie in der Ferne das mächtige Schloss der Mondgöttin erkennen. Überglücklich über die Rückkehr ihres geliebten Einhorns, bedankte sich Luna bei den zwei Elfen, und entschuldigte sich für den Diebstahl den sie begangen hatte. Sie überreichte ihnen den Mondstein, und wünschte ihnen viel Glück.
Als Desirana und Helgemon in ihrer Elfenwelt ankamen, eilten sie sofort zu ihrer Königin, und übergaben ihr den wertvollen Mondstein. Nun war ihre Welt wieder sicher. Desirana und Helgemon aber, wurden als große Helden gefeiert.



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