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Der kleine Delfin

© Martina Müller


Vor langer Zeit lebte ein Delfin inmitten einer großen Gemeinschaft von anderen Delfinen im atlantischen Ozean. Sie jagten zusammen die vielen, bunten Fische, die sie so gerne aßen, erzählten sich von ihren Erlebnissen, die sie auf ihren Wanderungen durch die Meere erlebt hatten und vor allem spielten sie zusammen. Und sie werden von allen als die glücklichsten Lebewesen bezeichnet, weil sie immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Doch dieser eine Delfin war anders als die anderen: Er war nicht nur etwas kleiner als sie, sondern war auch dunkler gefärbt und das wohl auffälligste war eine kleine mondförmige Zeichnung auf seiner rechten Brustflosse. Aber der kleine Delfin konnte nicht stolz auf sein anderes, aber doch schönes Aussehen sein, denn alle anderen ignorierten ihn deswegen, hielten es noch nicht einmal für nötig ihm einen Namen zu geben und wollten einfach nicht zusammen mit diesem ihre Zeit verbringen. Als er wieder einmal von einem größeren Delfin gehänselt wurde und niemand ihm zu Hilfe kam, begann er zu weinen. Tränen rannen aus seinen Augen und bildeten eine große Welle, welche den kleinen Delfin ergriff und fort ins weite Meer hinaus trug. Er wirbelte herum und bald wusste er nicht mehr, wo er sich befand oder wo die anderen waren. Nach wenigen Minuten hatte sich das Meer wieder beruhigt und er war ganz allein. Hier in der weite des Meeres fühlte er sich verloren, das einzigste Vertraute war das gleichmäßige Rauschen des Ozeans. Dies jedoch konnte ihn nicht trösten und er zitterte aus Angst am ganzen Körper, nicht fähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Verzweifelt rief er nach all den anderen, obwohl er wusste dass er bei ihnen nicht willkommen war. Angespannt wartete er, hoffte auf Antwort. Doch anstatt des wohlbekannten Klickens, hörte er Gesang, den Gesang einiger Buckelwale. Langsam kamen sie heran und einer näherte sich ihm und fragte: "Was suchst alleine hier im weiten Meer? Weißt Du nicht das das so ganz alleine gefährlich ist?" Glücklich dass der kleine Delfin jemanden gefunden hatte, der ihm zuhörte, schilderte er dem riesigen Buckelwal seine Geschichte. Nachdem er geendet hatte, war der Gigant für einen Moment ruhig, drehte sich um und bedeutet dem Delfin ihm zu folgen. Schüchtern schwamm dieser hinter den großen Buckelwalen her und lauschte ihren Liedern, die er nur bruchstücksweise verstand. Sie handelten von den weiten Meeren, die der kleine Delfin nicht kannte. Sie handelten von gefährlichen Wesen, die die Wale verletzten, von hohen und stürmischen Wellen, aber auch von den schönen Seiten der Welt. Von den regenbogenfarbenen Fischen, die sich ihren Weg durch die Korallenriffen suchten und von der Sonne, deren Licht sich im Wasser brach.
Nach einigen Tagen drehte sich der große Wal um und sagte zu dem Delfin: "Dort hinten in der Lagune gibt es eine Schule von Delfinen, sie sind sehr freundlich, schwimme dorthin und sage, dass Du ein Freund von Blue, dem Buckelwal, bist." Der kleine Delfin nickte nur und setzte sich zögernd und unsicher in Bewegung. Doch kaum wurde er von den Delfinen der Lagune entdeckt, kam ein junges Weibchen kaum größer als er selbst fröhlich zirpend auf ihn zu. Neugierig betrachtete sie ihn und legte dazu ihren Kopf schief: "Hallo, wer bist Du denn?" Leise murmelte der kleine Delfin, das was ihm der Buckelwal gesagt hatte. "Und wie heißt Du, mein Name ist Hope." Nach einigem stottern brachte der kleine Delfin hervor: "Ich habe keinen Namen." "Wie? Du hast keinen Namen? Wie nannten Dich die Delfin mit denen Du zuvor zusammen warst?". Beschämt blickte der kleine Delfin zu Boden und erzählte ihr nach und nach, dass die anderen Delfine ihn wegen seiner Eigenheiten nicht akzeptiert hatten. Hope hörte ihm still schweigend zu und musterte ihn lange an, bevor sie sprach: " Das ist doch gerade das Schöne an Dir, dass Du ganz Du selbst bist und eine ganz eigene Schönheit hast. Würden alle gleich aussehen und sich in allen Sachen ähneln, dann wäre doch die Welt ein langweiliger Ort. Jeden machen seine Eigenarten zu etwas ganz Besonderen. Und der, der Besonders ist, wird von jemandem geliebt und genau wegen diesen Besonderheiten, die er in sich trägt, geschätzt. Lass mich Dich Luna nennen, weil Du einen Mond auf Deiner Flosse hast. Wollen wir Freunde werden?" Und ob der kleine Delfin ihr Freund werden wollte, sein kleines Herz machte einen riesengroßen Freudenhüpfer und er berührte Hope sachte mit genau jener rechten Brustflosse mit dem besonderen Zeichen. Genau in diesem Moment erkannte er, dass sie etwas Besonderes war und eine einzigartige Art und Weise hatte, andere aufzumuntern und ihnen Hoffnung zu schenken....
*
Alles war ruhig um Moon herum, der Rest der Delfingruppe ruhte sich aus und tauchte nur ab und zu auf, um Luft zu holen. Leise schwamm er zu seiner Freundin Hope hinüber und stupste sie sachte mit seiner Schnauze an.
"Hey, alles klar bei Dir?" fragte er sie. "Ja, willst Du etwas?", kam sogleich die Gegenfrage.
"Ja, hier sind zwar alle total nett, aber irgendwie ist das mir hier nicht genug", Hope schaute ihn fragend an. "Ich meine, ich will nicht einfach nur hier rum schwimmen tagein tagaus, ich will etwas erreichen in meinem Leben, die Welt verändern, verstehst Du? Und das kann ich hier nicht. Ich will los und den Buckelwal suchen und ihn fragen, wie ich die Welt verändern kann. Kommst Du mit?" Moon atmete laut aus. Für einen Augenblick schaute Hope ihn nur durchdringend an, bevor sie begann zu sprechen: "Und das alles hier, meine Familie soll ich ihm Stich lassen. Das, was Du vorhast ist ein gewagtes Abenteuer." "Bitte, und außerdem, wer sagt denn, dass wir nicht wiederkommen?" "Okay, ich komme mit", willigte sie schließlich ein.
Seite an Seite schwammen die beiden los, zwischendurch berührten sich ihre Brustflossen immer wieder. "Woher willst Du eigentlich wissen, wie Du den Buckelwal findest", wandte sich Hope an ihren Gefährten. "Ganz einfach, wir schwimmen immer in Richtung Süden, von dort müsste seine Gruppe kommen", antwortete ihr Moon.
Nach vielen Stunden im weiten Meer zogen immer mehr Wolken auf und das Meer wurde unruhig und schlug bald immer höher werdende Wellen. Hope und Moon atmete kräftig ein und tauchten hinab, um den Wogen zu entgehen. Unter dem Meeresspiegel war es so ruhig wie sonst auch und sie bemerkten nicht viel von dem Unwetter über ihnen.
"Psst, hörst Du das auch?", stupste Hope ihren Freund an. Und tatsächlich bemerkte auch Moon die seltsamen Geräusche und neugierig schwammen die jungen Delfine in die Richtung aus der diese Geräusche stammten. Es dauerte nicht lange und sie sahen, wie ein Junge halb unter Wasser verursachte nach oben zu schwimmen. "Schnell, das muss ein Mensch sein, wir müssen ihm helfen, der ertrinkt sonst", sagte Moon und war auch schon in wenigen Minuten bei dem Jungen und stupste ihn geschickt so hoch, dass er wieder Luft bekam. Bald tauchte er unter ihm hindurch und hielt das entkräftigte Kind über Wasser bis sich ein Motorboot ihnen näherte. "Was ist das für Lärm", fragte Hope. "Das wird ein Boot sein." Als die Leute der Küstenwache die Delfine erblickten drosselten sie langsam den Motor und warfen dem Jungen dann einen Rettungsring zum Festhalten zu. Sobald er im Boot in Sicherheit war, schwammen Moon und Hope wieder fort und fuhren mit ihrer Suche nach dem Buckelwal fort.
Nach wenigen Stunden kamen sie an die Küste und sahen ein paar Meerotter auf dem Rücken auf dem Wasser treiben. Einige der pelzigen Meeresraubtiere dösten, während andere mit Fressen beschäftigt waren. Doch die Delfine nahmen keine Notiz von ihnen und glitten weiter durch das Meer. Erst als sie das verzweifelte Strampeln eines jungen Meerotters bemerkten, horchten sie auf. Das Tier hatte sich in dem Befestigungstau einer Boje verfangen und trat um sich. "Letztens haben wir den Menschen geholfen, nun müssen sie uns helfen. Hole das Boot, an dem wir vorhin vorbei gekommen sind, sie sollen den Kleinen hier befreien, ich versuche ihn solange zu beruhigen", befahl Hope. Während sie zu dem Meerotter schwamm, beschleunigte Moon und war in null Komma nichts bei dem Boot. Das war für ihn nicht schwer gewesen, schwerer war es, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie ihm folgen sollten. Er regte seinen ganzen Körper aus dem Wasser und drehte sich dabei immer wieder. Er schwamm zum Boot hin und kehrte wieder zurück, bis endlich einer kapierte, dass sie ihm folgen sollte. Als das Boot endlich an der Boje ankam, hatte Hope sichtlich Mühe den Meerotter, der sich immer noch gegen das Seil wehrte, an der Luft zu halten, damit er atmen konnte. Aber es dauerte nicht lang, bis ein junger Mann ins Wassert sprang und das Tier innerhalb von kurzer Zeit von seinen Fesseln befreit hatte. Verängstigt flüchtete es auch zugleich zu seinen Gefährten.
Im gleichmäßigen Tempo legten Moon und Hope Kilometer für Kilometer an der Küste zurück ohne dass etwas Besonderes geschah. Beide hingen ihren Gedanken nach, Moon wie er die ganze Welt verändern könnt und Hope, wie lange es noch dauern würde bis sie den Buckelwal finden würden. Nach Tagen vernahmen sie auf einmal Rufe eines anderen Delfins, er schien allein zu sein, denn seine Rufe hallten weit und warteten auf eine Antwort. Moon und Hope folgten ihnen und trafen bald auf ein Delfinbaby, kaum älter als einige wenige Wochen. "Was ist denn mit Dir los?" Völlig verwirrt, stammelte das kleine Tier hervor, dass es durch Boote von seiner Mutter und dem Rest seiner Gruppe getrennt worden war und nicht mehr wusste, wo diese waren. Jedenfalls schloss Hope das aus seinen Worten. "Na, dann komm doch mit uns, vielleicht finden wir Deine Familie zusammen", bot Moon dem kleinem Delfin an. Dieser schaute Moon aus großen Augen an. "Willst Du wirklich mit mir nach den anderen suchen, oder sagst Du das nur so?" "Hey, wenn wir das sagen, meinen wir das auch so!", mischte Hope sich ein und so streiften sie zu Dritt durch das Meer und halfen dem Kleinen seine Mutter zu finden. Immer wieder Rief er nach seiner Gruppe und bald kam auch die Antwort. Bis auf einige Meter begleiteten Hope und Moon den kleinen Delfin, der ihnen schon innerhalb der kurzen Zeit ans Herz gewachsen war, zu den anderen und verabschiedeten sich dann von ihm.



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